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Ende bei Anker greifbar nahe

Berliner Torex-Manager erteilen Bielefeld eine klare Absage


Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Was Jeroen Boon am Dienstag, 13.05 Uhr, aussprach, empfanden viele als das »Todesurteil« über das Traditionsunternehmen Anker. Die Frage der Belegschaft, wie lange es überhaupt noch eine Produktion in Bielefeld gebe, beantwortete der Managing Direktor der Berliner Torex Retail mit der lapidaren Antwort: »Darüber muss man verhandeln.« Über den Verbleib aller weiteren Arbeitsplätze in Bielefeld wollte Boon indes gar nicht mehr sprechen. Die Sache sei entschieden, ließ der Mann aus Berlin auf der Laderampe am Seitenflügel des Ankerkomplexes ohne den geringsten Anflug von Emotion wissen. Die 180 anwesenden Mitarbeiter waren erschüttert. Betriebsratsmitglied Ulrike Bachhuber (36) verärgert: »Wir erwarten, dass Sie den Kollegen in die Augen schauen.«
Bis Freitagnachmittag standen die Bielefelder Anker-Mitarbeiter, die Ende August mit der Anker Systems GmbH von der Torex Retail (Oxfordshire) und ihrer Berliner Deutschland-Tochter übernommen worden waren, in dem Glauben, der künftige Hauptsitz würde nach Bielefeld verlegt. Montag um 10 Uhr, wie angekündigt, ließ Boon die Katze aus dem Sack: Bis auf 40 Produktionsmitarbeiter wird Bielefeld abgewickelt. Ende eines Industriegiganten, Existenzbedrohung für mehr als 340 Familien in Bielefeld, deren Unterhalt durch eine Tätigkeit bei Anker verdient wird.
IG-Metall-Bevollmächtigter Harry Domnik ist entsetzt über so viel Unverfrorenheit: »Anker hat am 27. April 1976 den Konkurs überstanden und fortan innovative Produkte entwickelt. Heute wickelt nicht ein Insolvenz-Verwalter Anker ab, sondern Torex-Manager tragen die Verantwortung für den Arbeitsplatzabbau.« Während Qualifikation und Know How aus Bielefeld nach Berlin wandern, bleibt der Großteil der Belegschaft auf der Strecke, muss über Sozialplan und Abfindung verhandelt werden. Wirtschaft

Artikel vom 19.10.2005