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Maika Hoffmann (li.) und Anna Irmer bevorzugen Cappuccino.

White Mountain statt Kännchen

Phantasievolle Kaffeespezialitäten laufen der guten alten Bohne den Rang ab


Von Matthias Meyer zur Heyde und Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). Der reifere Jahrgang schlürft die gebrühte Bohne, die Jugend gruppiert sich um gefleckte Milch. Alles klar?
Bitte sehr: Hier kommt das klassische Kännchen Kaffee, aber das hohe Glas, in dem sich unter der delikaten Schaumhaube eine Portion Milch (latte) und einige Schlucke Espresso langsam mischen, bis weiß geflecktes (macchiato) Braun entsteht, lockt inzwischen deutlich öfter Genießer an den Café-Tisch.
Bohnen rösten, heißes Wasser drauf, fertig war der Muntermacher. Doch die Zeiten ändern sich: In mindestens sechs von zehn Fällen verlangt der Kunde heute einen phantasievoll komponierten »Flavour«, ein mit köstlichen Ingredienzen verfeinertes Kaffeegetränk. Die lebenslustigen Italiener ließen als erste ihrer Kreativität freien Lauf, bevor die Amerikaner, unzufrieden mit ihrer schauderhaften Kaffeekultur, die südeuropäischen Ideen importierten. Deutschland zog nach, hat die USA aber mittlerweile qualitativ überflügelt, findet Dominik Heuer.
Der Konditormeister und seine Frau Elena spielten im Café Knigge Vorreiter: »Wir waren die ersten in Bielefeld, die die Flavours kultivierten - heute haben wir 45 Kaffeespezialitäten im Angebot.« Im »Cappuccini«, einer Bar für den exquisiten Geschmack innerhalb des Cafés, serviert man einen »White Mountain« (mit Vanilleeis und Sahne) genauso wie den »Almond« (mit Mandelsirup) und den ganz exotischen »Kahuli«.
Wo dem Genießer so viel Auswahl wird beschert, ist auch Espresso nicht gleich Espresso. »Vergleichen Sie einmal den säurearmen, erdigen Columbia mit dem kräftigen Italiener«, rät Heuer, der aufmerksam jede Neuheit verfolgt, auch was die Maschinen angeht. »Zwei Röster bereiten exklusiv für uns entwickelte Mischungen zu.« Und zwar nach dem kostenintensiven Aerotherm-Verfahren, bei dem die Bohnen punktgenau geröstet werden, während sie durch die Luft wirbeln.
Der von Schwiegervater Wolfgang Windau, Geschäftsführer der Knigge-Filialen in Bahnhof- und Obernstraße, stets geförderte Perfektionist achtet darauf, dass jedes Kaffeegetränk aus der passend gerösteten und gezielt verarbeiteten Bohne bereitet wird. »Espresso beispielsweise verlangt feine Mahlung und - unter Druck - starke Verdichtung in der Maschine, damit das Wasser langsam durchläuft«, erläutert Heuer.
Kaum jemand betreibt so großen Aufwand, bevor er Glas, Tasse oder Kännchen serviert. Bei Knigge freut man sich über den anhaltenden Kaffee-Boom - und kitzelt den verwöhnten Gaumen der Gäste mit Qualität. Mmmh, das duftet!

Artikel vom 19.10.2005