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Die Bayern träumen
schon vom Endspiel

Euphorie nach dem Sieg über Juve - Ballacks letzte Saison?

München (dpa). Sogar Chefkritiker Franz Beckenbauer schwärmte nach der glänzend bestandenen Reifeprüfung des FC Bayern München gegen Juventus Turin von einer »wunderbaren Partie«, deren Dimension Karl-Heinz Rummenigge am größten Triumph der jüngeren Vergangenheit verdeutlichte.

»Das war unser bestes Spiel in der Champions League seit dem Finale 2001«, sagte der Vorstandsvorsitzende des deutschen Rekordmeisters nach dem 2:1-Erfolg im Spitzenspiel der Gruppe A und gab mit dieser Einschätzung die Zielrichtung des Champions von 2001 für diese Saison vor: Endspiel und Titelgewinn.
»Wenn man dieses Spiel als Maßstab nimmt, gehören wir zur Top-Klasse in Europa«, frohlockte Manager Uli Hoeneß, der nach den beiden 0:1-Niederlagen gegen »Juve« aus dem Vorjahr »Genugtuung« verspürte. Auch wenn es nur ein Sieg in der Vorrunde war, der den Bayern nach dem 3. Spieltag mit 9 Punkten die Tabellenführung vor Juventus (6), FC Brügge (3) und Rapid Wien (0) bescherte, war es aus psychologischer Sicht ein sehr wichtiges Signal.
»Wir haben gesehen, dass wir eine internationale Top-Mannschaft besiegen können«, kommentierte Kapitän Oliver Kahn. »Der Sieg gibt Selbstvertrauen. Denn die anderen in Europa haben gesehen, dass sie mit Bayern rechnen müssen«, betonte der vom Schlussglück weiterhin verlassene Torjäger Roy Makaay.
Aus dem Jubel-Chor, in den nach den Toren von Sebastian Deisler (32.) und Martin Demichelis (39.) auch die 66 000 Zuschauer in der Allianz Arena einstimmten, scherte nur Felix Magath aus. »Es ist für mich kein Wunder, dass wir gegen Juve gewinnen«, kommentierte der Trainer, der in die Euphorie partout nicht einstimmen mochte. »Wir müssen nicht völlig aus dem Häuschen geraten, nur weil wir eine italienische Mannschaft geschlagen haben.«
Der Champions-League-Trend des deutschen Fußball-Flaggschiffs geht jedoch kontinuierlich nach oben: Nach Vorrunden-Aus (2002/03), Achtelfinale (2003/04) und Viertelfinale (2004/05) strebt das aktuelle Team nach dem besten Start in der Königsklasse seit 1997 seinem Leistungshöhepunkt entgegen. Einziger Sorgenpunkt: Wie wird sich Michael Ballack entscheiden? Spielt er seine letzte Saison in München? Schon vor dem Verhandlungsgespräch gab er keine klare Auskunft: »Ich bin sehr unschlüssig.« Der FC Bayern hat dem Nationalspieler eine Verlängerung bis 2010 angeboten.
Noch ist Ballack ja dabei, die Meister-Maschine lief gegen Turin auf Hochtouren. In dem überragenden Demichelis kristallisiert sich ein weiterer Fixpunkt heraus. Auch Deisler unterstrich mit seinem ersten Europapokaltor für die Münchner seinen Aufwärtstrend. »Er ist stabiler geworden«, lobte Magath. Auch Rummenigge registriert »eine sehr positive Entwicklung« des ewigen Sorgenkindes im vierten und letzten Vertragsjahr.
Neben der erneuten Wadenverletzung von Bixente Lizarazu bereitet momentan nur die Torflaute von Makaay ein wenig Sorge. Seit 724 Minuten hat der Niederländer nicht mehr getroffen, auch wenn er es gegen Juventus immer wieder und am Ende sogar mit Gewalt versuchte. Makaay war enttäuscht, aber nicht entmutigt: »Das war Pech heute. Der Abbiati hat nur meine Bälle gehalten«, meinte Makaay kopfschüttelnd angesichts der ansonsten schwachen Leistung des Juve-Schlussmannes.

Artikel vom 20.10.2005