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Neue Chancen am Markt

Hessens Heilbäder wollen sich neu positionieren und setzen auf Qualität

Bad Soden (WB). Das waren noch Zeiten: 10 134 126 Gästeübernachtungen wurden im Jahr 1995 in den hessischen Heilbädern und Kurorten gezählt. Im zurückliegenden Jahr waren es nur noch 8 692 793. Das sind 14,2 Prozent weniger. Beim Vorsitzenden des Hessischen Heilbäderverbandes, Bürgermeister Ronald Gundlach (Bad Sooden-Allendorf) schrillen die Alarmglocken.
Er sieht die Existenz der Heilbäder stark gefährdet, wenn es nicht gelingt diesen Trend zu stoppen. Zwar nimmt die Zahl der Patienten aus den Arabischen Emiraten und aus Russland in den hessischen Heilbädern zu, nachdem der Verband bei den Gesundheits- und Tourismusmessen in Dubai und Moskau mit Erfolg vertreten war. Damit ließen sich aber nicht die Verluste durch den Rückgang an deutschen Gästen auffangen.
Gundlach stellt sich deshalb hinter den vom Deutschen Heilbäderverband an die Politik gerichteten Forderungskatalog. In dem acht Punkte umfassenden Programm wendet sich der Verband an alle Parteien im Bundestag und formuliert seine Erwartungen und Forderungen an die Große Koalition im Hinblick auf die aktuelle Situation und die notwenigen Reformen im Gesundheitswesen.
Gundlach appellierte an die Abgeordneten, im Interesse der deutschen Heilbäder und Kurorte, die nach wie vor Kompetenzzentren für Prävention und Rehabilitation seien, für das Umsetzen der gestellten Forderungen einzutreten.
Forderung Nummer eins ist, den alten und bewährten Begriff »Kur« wieder in das Sozialgesetzbuch einzuführen. Nach einigen Jahren der Beobachtung sei zu erkennen, dass die Änderung der Namensgebung »Kur« in die Formulierung »Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten« Niemandem etwas Bemerkenswertes gebracht habe. Der Kurort und seine Kurbetriebe hätten aber beträchtlichen Schaden genommen und litten seit der polemischen Fango/Tango Debatte unter einem massiven Imageverlust in der Öffentlichkeit.
Bei der künftigen Gestaltung des Leistungsrechts sollen Vorsorge und Rehabilitation, wie sie in Heilbädern und Kurorten angeboten werden, nicht aus dem Leistungskatalog der tragenden gesetzlichen Kassen eliminiert werden. Die Verlagerung von Maßnahmen im Kurort in die Wohnortnähe dürfe nicht zur Aushöhlung von Heilbädern und Kurorten fortgesetzt werden.
Die veränderten Rahmenbedingungen, strukturelle und konjunkturelle Probleme stellen auch die Heilbäder und Kurorte zunehmend vor große Herausforderungen. Deshalb startet der Hessische Heilbäderverband ein Projekt mit dem Schwerpunkt Gesundheitswirtschaft. Diskutiert wird darüber, mit welchen ergänzenden Leistungen und Vernetzungen mit anderen Partnern im Gesundheitsbereich die Marktchancen stärker genutzt werden können. Denn die Heilbäder verstehen sich, so Verbandsgeschäftsführer Rainer Kowald, als Kristallisationskern der Gesundheitswirtschaft. Mit klaren Fakten und Zahlen auf dem Tisch sollen dann die notwendigen Schritte eingeleitet werden.
Gesucht werden von den Heilbädern und Kurorten vor allem neue Marktchancen, die die Existenz nachhaltig sichern, ohne den Versorgungsauftrag der Einrichtungen stark einzuschränken. Chancen gibt es im klassischen Gesundheitswesen unter anderem durch die Veränderung im Vorsorge- und Präventivverhalten der Bevölkerung. Dadurch entstehen neue Dienstleitungsstrukturen.
In Hessen stehen demnächst mehrere Heilbäder und Kurorte vor Prädikatsüberprüfungen. Dazu gehören Bad Arolsen, Bad Homburg v.d. Höhe, Bad Salzschlirf und Bad Soden am Taunus. Bei den Besichtigungen werde auch der Heilbäderverband vertreten sein.

Artikel vom 24.03.2006