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Tod im Mittelmeer:
Fehler des Tauchlehrers

Bielefelder erhält vom Amtsgericht Bewährungsstrafe

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). In der kroatischen Adria ist 2000 ein Franzose einem tragischen Tauchunfall zum Opfer gefallen. Wegen fahrlässiger Tötung hat am Montag deshalb das Amtsgericht dafür einen früheren Bielefelder Tauchlehrer zu sechs Monaten Bewährungsstrafe verurteilt.

Der Prozeß entwickelte sich gestern stundenlang zu einem Seminar für angehende Tauchlehrer, in dem zumeist die komplizierte Technik des Tauchens, Fachbegriffe oder die gesundheitliche Problematik des Sports erörtert wurden. - Ostern 2000 waren zwei Tauchlehrer mit einer Gruppe von sechs Schülern aus Weil am Rhein nach Krk in Kroatien gefahren. Die Schüler sollten hier selbst zu Lehrern ausgebildet werden, dazu gehörten dann auch einige Tieftauchgänge. Geleitet wurde die Gruppe von dem Bielefelder Peter B. (40).
Schon vor dem ersten Tieftauchgang hatte der Franzose Yves F. (52) Probleme mit siener Ausrüstung. Sein Sauerstoffgerät bestand aus zwei Flaschen, die zunächst nicht richtig befestigt waren. Als er dann abtauchte, verlor er einige seiner insgesam 16 (!) Kilogramm schweren Bleipacks, mußte also zum Nachladen ans Boot.
Als die Gruppe dann in 26 Meter Tiefe war, bemerkte Yves F. an seinen Finimetern (Druckmesser) einen Druckabfall von 200 bar in der einen zu 70 bar in dem anderen Sauerstoffbehälter. Er hatte ein Sicherheitsventil an der Brücke zwischen beiden Flaschen nicht geöffnet. Schon etwas panisch wandte sich der Franzose an den Bielefelder Tauchlehrer, der entschied sich mit dem Schüler zum Auftauchen. Er habe den mit 87 Tauchgängen nicht ganz unerfahrenen Yves F. bis fast an die Oberfläche begleitet, sagte Peter B. gestern. Da er zu der Gruppe habe zurückkehren müssen, sei er nicht bis an die Oberfläche getaucht, sonst hätte auch er wegen der Stickstoffbildung in seinem Körper nicht mehr abtauchen dürfen. Taucher wissen: Gerade die letzten zehn Meter bis zur Wasseroberfläche sind problematisch, müssen vorsichtig angegangen werden.
Als B. wieder in die Tiefe tauchte, spielte sich an der Oberfläche wohl ein Drama ab. Wahrscheinlich erlitt der Franzose einen Krampf, tauchte erneut einige Meter ab, sprengte seinen Bleisatz ab und wurde wohl förmlich an die Oberfläche katapultiert. Gerichtsmediziner Dr. Klaus Teige folgerte aus einem kroatischen Untersichungsbericht, der Mann sei zweifellos ertrunken. Spekulationen über eine Herzerkrankung verwies der Obduzent ins Reich der Fabel.
Tauch-Sachverständiger Dr. Dietmar Berndt hielt dem Angeklagten einen »Kardinalfehler« vor. Zwar sei der Franzose »nicht optimal vorbereitet« gewesen, der Mann habe »eine nicht adäquater Ausrüstung gehabt und verfügte über kein Krisenmangagement. Jedoch habe Peter gegen die eherne Taucherregel »Tauche nie allein« verstoßen. Er habe den Mann »sicher übergeben müssen«, da die Gruppe in der Tiefe noch von einer Tauchlehrerin begleitet war. Amtsrichter Wolfgang Heimann verurteilte Peter B. danach zu einem halben Jahr Bewährungsstrafe, B. muß 2 500 Euro Geldbuße zahlen. Heimann: »Ihre Entscheidung, einige Meter unter der Oberfläche wieder abzutauchen, war falsch.«

Artikel vom 18.10.2005