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Junge Fahrer: Tunnelblick und Disco-Unfälle

Alkohol am Steuer: Verkehrswacht zeigte mit Rauschbrille und Simulator die Risiken


Bielefeld (se). Julia Thörner steht kopf. »Oh, mir wird voll schwindelig. Wie komme ich hier denn wieder raus«, ruft die 20-Jährige ratlos. Vor dem Eingang der Diskothek Ringlokschuppen an der Stadtheider Straße hängt sie kopfüber im Überschlagsimulator, einem um 180 Grad gedrehten Polo.
Michael Jacobi von der Verkehrswacht Bielefeld gibt ihr von außen Tipps und Hilfestellungen, wie sie das Fahrzeug wieder verlassen kann. Zum Glück nur Simulation - bei einem wirklichen Unfall wäre Julia Thörner wohl auf sich allein gestellt gewesen. Der Überschlagsimulator war aber nur eine von vielen Stationen, die von der Verkehrswacht Bielefeld vor der Disco angeboten wurden. »Das alles läuft unter der Aktion ÝJunge FahrerÜ«, klärt Bernd Fenske, Pressesprecher der Verkehrswacht, auf.
Bereits zum zweiten Mal wollen die ehrenamtlichen Mitglieder des Vereins die Jugendlichen mit Hilfe der Aktion mit den sogenannten »Discounfällen« konfrontieren. »Nur etwa ein Zehntel aller Autofahrer ist zwischen 18 und 25 Jahre alt. Dennoch verursacht diese Altersgruppe beinahe ein Viertel aller Unfälle«, gibt Fenske zu bedenken. Die Gründe für viele Unfälle sind immer wieder Alkohol, Übermüdung und Selbstüberschätzung weiß der Pressesprecher: »Erst wird fünf Stunden im Blitzlichtgewitter der Disco getanzt. Dann wird noch was getrunken, und am Ende will man den Freunden im Auto imponieren. So passieren die Unfälle. Das Ansinnen der Verkehrswacht ist es, diese Zahlen zu senken, indem man den jungen Leuten bei solchen Aktionen zeigt, wie sich Fahrten unter Alkohol auswirken.« Für viele Lacher und eine große Erfahrung sorgte auch die »Rauschbrille«: So nimmt man unter Drogeneinfluss die Welt wahr.
Verkehrswacht-Mitglied Thomas Güttler überzeugte die Disco-Besucher, die Brille mal zu testen: »Die Brille simuliert einen Zustand von 0,8 bis 1,2 Promille. Viele werden sich wundern, wie sich bereits da die Wahrnehmung verändert.« Auch Jennifer Herden testete die Brille und hatte gleich Schwierigkeiten, den Ball zu fangen, den Güttler ihr zu warf. »Ich konnte gar nichts mehr erkennen. Das war wirklich komisch«, erzählt die 20-Jährige. Genauso verwirrt war die 19-jährige Bonnie Wdowiak nach dem Brillentest: »Damit verschiebt sich die ganze Wahrnehmung. Wahnsinn!«
Doch die Verkehrswacht war nicht nur vor der Disco engagiert. Direkt hinter den Kassen empfing die Besucher ein 30 000 Euro teurer Fahrsimulator. »Damit zeigen wir, wie sich Fahrten in nüchternem und betrunkenem Zustand unterscheiden«, erklärt Burghardt Lübker von der Verkehrswacht Minden-Lübbecke den Zuschauern rund um dem Simulator. Hinter dem Lenkrad macht unterdessen der 18-jährige Jan-Peter Heins wichtige Erfahrungen. »Im nüchternen Zustand war alles okay. Aber als der Tunnelblick der Alkoholfahrt eingeschaltet wurde, habe ich gleich einen Motorradfahrer übersehen«, gibt sich der Jugendliche nachdenklich. Genau auf diesen Einsicht hoffen die Veranstalter. Wenn jeder junge Fahrer genau diese Erfahrungen mit hinters Steuer nimmt, war die Aktion ein voller Erfolg.

Artikel vom 18.10.2005