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Ein Feuerwerk
an »Brüllern«

»Knall auf Fall« begeistern Haller

Halle (WB). »Sind Sie vorbereitet?« »Ja, wir haben uns geschminkt und so.« Zwei bebrillte »Putzmänner« befragten zwei Damen im Vorraum der Remise. Was fürs Publikum gilt, gilt nicht fürs Improvisationstheater, denn das lebt von spontanen Einfällen ohne Vorbereitung, mit Szenenvorgaben aus dem Publikum.

Am Sonntag bewiesen 70 Lindenstadtbewohner, was für ideenreiche Bälle sie der Bielefelder Theatergruppe »Knall auf Fall« zuwerfen konnten, die daraus ein Feuerwerk an schauspielerischen Einfällen entstehen ließen.
Das »Warm-up« ist üblich bei der eigentlich 12-köpfigen Gruppe, die am Sonntag zu sechst auftrat, und die Haller sind gleich darauf angesprungen und haben Zuschauer Günther, der rechts außen saß, auserkoren, bei besonders guten Szenen auf den Zuruf »Günther, die Welle« hin eine Laola anzusetzen. Und Günther setze sie häufig an, denn nahezu jede Szene entwickelte sich zu einem Brüller, lebte von den Vorgaben aus dem Publikum, die sich zum Thema Halle äußern sollten. Die Kneipe »Taverne« wurde dann in Unkenntnis der Darsteller Schauplatz einer Ouzo-Orgie, und keiner der Akteure auf der Bühne ahnte, dass der »Haller Willem« gleich dreifache Bedeutung hat, und das machte den Witz und den Charme der einfallsreichen Szenerie aus.
Beim »Freezen« bestimmten zwei Leute aus dem Publikum den Ausgangspunkt einer Szene. Sie durften die fünf Schauspieler anfassen und verbiegen und in Position bringen, wo und wie sie wollten.
Beim »Switchen« wurde in einer Szene blitzschnell von einer Sprache in die andere gewechselt - die Wahl der Zuschauer fiel auf Deutsch/Kisuaheli - und die darsteller hielten den von den Hallern gewählten Streit zwischen Schwiegersohn- und Schwiegermutter trotz des irren Kauderwlsches aufrecht - sehr zum Vergnügen der Zuschauer. Der Szenenwechsel war rasant, in einer Szene fällt jemand besoffen vom Bühnenrand, wenig später räkelt sich jemand lasziv nach Art der »fabelhaften Baker-Boys« auf dem Klavier. Möglich gemacht durch den »Abklatsch«, bei dem sich die Darsteller in die Szene wechseln können, wie sie lustig sind.
Zettel beschriften und auf die Bühne legen und Verkleidungen auswählen - die Möglichkeiten für«s Publikum, das Geschehen mitzubestimmen, war vielfältig. Und es wurde nicht nur gespielt: In einer Szene spielte ein Staubsauger und ein leeres Bierglas eine Rolle. Nacheinander gespielt, gesungen, gereimt und getanzt, riß es Günther - dank der umwerfenden Dicht- und Tanzkunst der Darsteller - zu einer erneuten Welle hin. Ganz alleine, Zuruf war nicht mehr nötig. Von ganz alleine hatte auch Susanne Debour, Kulturbeauftragte der Stadt, ihren Spaß bei der dritten Aufführung im Rahmen der Lach & Krachtage.MARION SCHWEIGLER

Artikel vom 18.10.2005