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Schlafend
einen Unfall
verursacht?

Gericht sucht Beweise


Halle/Borgholzhausen (HHS). Welche Frage kann man nicht mit »Ja« beantworten? Richtige Antwort: »Schläfst Du?« Ob ein Roller-Fahrer aus Borgholzhausen ins Reich der Träume entschwunden war, als er vergangenen Juli mit seinem Zweirad in den Gegenverkehr geraten war und einen Unfall verursacht hatte, war gestern die entscheidende Frage im Prozess vor dem Haller Amtsgericht.
Fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs lautete die Anklage. Der 22-Jährige hatte den Unfall unstreitig verursacht, den Schaden von 2 000 Euro seine Versicherung mittlerweile behoben. Hätte der junge Mann den Crash aber verhindern können? Gegen 13.40 Uhr war er an dem Unglückstag auf dem Weg von der Arbeit in Versmold nach Hause. Seine Schicht hatte um 4 Uhr früh begonnen, um 3 Uhr war er aufgestanden. Da liege es doch nahe, zumindest kurz eingenickt zu sein, sagte Richter Peeter-Wilhelm Pöld und versuchte in der Folgezeit, händeringend den Unfallhergang zu rekonstruieren. Doch weder der Angeklagte noch die geladenen Zeugen waren ihm dabei eine große Hilfe.
Während der Piumer einem Kleinwild - möglicherweise einem Eichhörnchen - ausgewichen sein will, hatte der erste Zeuge Mühe, sich genau an den Unfalltag zu erinnern und fühlte sich bei seiner Vernehmung sichtlich unwohl, was nicht unbedingt zur Wahrheitsfindung beitrug. Eine Polizisten sowie die Schwester des Angeklagten konnten den Hergang nur mittelbar wiedergeben, sie waren nicht dabei gewesen.
»Freispruch« forderte denn auch Rechtsanwalt Reingruber, schließlich ist es Sache der Staatsanwaltschaft, das Vergehen zu beweisen. Doch Richter Pöld wollte sich nicht so schnell zufrieden geben. Er vertagte die Sitzung, um einen letzten Zeugen zu hören. Der fuhr in seinem Wagen hinter dem Angeklagten und soll nun beurteilen, ob der schlief oder nicht.

Artikel vom 18.10.2005