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Perfides Handeln gegen
ein perfektes Image

Heiterer Abend mit »Schwarzgeld für weiße Tauben«

Lübbecke (WB). Mit der Komödie »Schwarzgeld für weiße Tauben« von Pierre Sauvil (deutsche Fassung von Christian Wölffer) wurde am Sonntag die Lübbecker Theatersaison 2005/2006 eröffnet. Irina Niedringhaus, Vorsitzende des Kulturrings Lübbecke, und Bürgermeisterin Susanne Lindemann hatten zuvor für das Jubiläumsjahr der Stadthalle ein vielfältiges und attraktives Programm angekündigt, und das Eröffnungsstück, von Sauvil selbst als »bitter-süße« Komödie bezeichnet, konnte dieses Versprechen voll einlösen.

In dem Stück geht es um schmutzige Geschäfte in der Politik, wo ein korrupter Politiker den anderen ausnutzt und am Ende immer der Bürger die Zeche zahlt. So weit, so bitter. Süß wird die Geschichte da, wo alle Pläne wieder durchkreuzt werden, weil es immer einen gibt, der noch weniger Skrupel hat. Und natürlich da, wo es persönlich wird - sehr persönlich sogar. . .
So ergeht es dem französischen Minister Guéraud, gespielt von Volker Brandt, der sich an Spendengeldern bereichert hat und nun von seinem »Freund« Bouladon (Rudolf Otahal) erpresst wird. Bouladons Forderung: Ein Botschafterposten und - eine Woche Karibikurlaub mit Guérauds Ehefrau Pauline (Sibylle Nicolai). Was tun? Der Versuch, Bouladon die belastenden Papiere abzujagen, schlägt zunächst fehl. Zurücktreten kommt nicht in Frage. Mit Hilfe seines Sekretärs Thibaut (Roland Peek) gelingt es Guéraud, Pauline so weit zu bringen, dass sie das unmoralische Angebot annehmen will - alles ihrem Gatten und natürlich dem Wohle Frankreichs zuliebe. Doch es kommt anders: Agathe (Susanne Meikl), eine Mitarbeiterin und ehemalige Geliebte des Ministers, entwendet Bouladon die Akte und erpresst nun ihrerseits Guéraud. Der zahlt die von ihr geforderte Summe, aber die Akte erhält er trotzdem nicht, weil Bouladon sie sich inzwischen wieder zurückgeholt hat. Alles auf Anfang, also, nur dass Guéraud inzwischen um eine Million ärmer ist und langsam, aber sicher, auch noch seine Frau zu verlieren droht, die zusehends Gefallen an dem Gedanken findet, einige Nächte mit Bouladon zu verbringen. Damit ist Guéraud jedoch nun gar nicht mehr einverstanden: Er beschließt, es auf die Veröffentlichung der Papiere ankommen zu lassen. Als dann noch Bouladons Ehefrau unerwartet auftaucht und dieser deshalb seine Urlaubspläne mit der Ministergattin ad acta legen muss, sieht Guéraud schon wie der sichere Sieger aus. Zum Schluss jedoch landen die belastenden Schriftstücke bei seinem Sekretär, der das Erpresserspiel von neuem beginnt, und seine Gattin - einmal wöchentlich - bei Bouladon.
Perfides Handeln (Schwarzgeld) und perfektes Image (weiße Tauben): Von diesem Gegensatz lebt das Stück. Bei manchem Satz des Politikers Guéraud hätte einem eigentlich das Lachen im Halse stecken bleiben müssen, so tief war die Missachtung des Wahlvolkes, die daraus sprach und die einem - in Deutschland nicht anders als in Frankreich - irgendwie bekannt vorkam.
Dank der überaus turbulenten Handlung und der flotten Regie von Celino Bleiweiss, die Spaß am Zweideutigen hatte und kaum Zeit zum Sinnieren ließ, wurde es aber ein ausgesprochen heiterer Theaterabend. Ausnahmslos alle Darsteller waren gut aufgelegt, aber Volker Brandt agierte mit französischem Temperament und schaffte es, dass man sogar ein wenig Mitgefühl mit dem Minister aufbrachte, der zwar keinen Deut mehr, aber eben auch nicht weniger Moral besaß, als seine ganze Umgebung. Und Sibylle Nicolais Pauline war einfach köstlich als Karikatur einer Naiven, der ein Leben ohne Hausmädchen als das Schlimmste erscheint, das einem im Leben zustoßen kann.
Cornelia Müller

Artikel vom 18.10.2005