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Eine Klinik vom Fundament bis zur Pinzette

OFRA Generalbau aus Beverungen: Projekte nach individuellen Vorgaben rasch realisieren

Von Wolfgang Braun
Beverungen (WB). Die Baukonjunktur liegt am Boden, die Firma OFRA Generalbau aus Beverungen aber kann mit Umsätzen von 25 Millionen Euro die Höhe des Vorjahrs halten. Die Systembauweise - ein Verfahren, mit dem die OFRA seit den 1960-er Jahren am Markt ist - überzeugt offenbar viele Kunden.

»Wir haben momentan eine gute Auslastung«, freut sich Diplom-Ingenieur Helmut Bößmann, Geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens, das nach dem Zweiten Weltkrieg aus kleinsten Anfängen von der markanten Unternehmerpersönlichkeit Oskar Franz aufgebaut worden war. Sein Sohn Oliver Franz ist heute Hauptgesellschafter des Unternehmens.
Oskar Franz entwickelte auch die Anfänge des Systembaus, der mit dem Prinzip »Stein auf Stein« an Baustellen bricht und auf industrielle Vorfertigung von Gebäudeteilen als Systemeinheiten setzt. Grundelemente sind selbsttragende Stahlrahmenkonstruktionen - Raumzellen. Im Beverunger Werk werden die Module mit Außenwänden, Decken, Böden, Fenstern und Treppen weitgehend vorproduziert. Der Rohbau wird auf der Baustelle dann in wenigen Tagen montiert, so dass Innenausbau und Installation »aus einer Hand« und gut vorbereitet vor Ort zügig erfolgen können. Das elementierte Bauen war auch deshalb entwickelt worden, weil in den 1960-er Jahren überall in der Bundesrepublik Schulraum gebraucht wurde: Monatlich verließen mehr als 100 Klassenräume die OFRA-Werkshallen auf großen Spezialtransportern - was ihnen die Bezeichnung »Fliegende Klassenzimmer« einbrachte.
Durch eine Weiterentwicklung des Systems wurde es möglich, Wohn- und Verwaltungsgebäude, Hotels, Labors und Krankenhäuser oder auch Tank- und Raststätten nach den ganz individuellen Vorgaben von Bauherren und Architekten in Rekordzeiten zu errichten. Gebäude bis zu sieben Etagen wurden in dieser Bauweise möglich.
»So haben wir in nur 16 Wochen in Warnemünde Anfang des Jahres 2005 ein First-Class-Hotel errichtet. Der Abriss des alten Gebäudes begann am 4. Januar, am 29. April war das neue 36-Zimmer-Haus schon bezugsfertig«, schildert Helmut Bößmann ein aktuelles Beispiel. In nur zwei Wochen »stand« der Rohbau des viergeschossigen Baus mit einer Nutzfläche von 1025 Quadratmetern. Durch die Systembauweise konnte die Bauzeit auf vier Monate in der Nebensaison verkürzt werden. Das »Raum-auf-Raum-Prinzip«, das bei OFRA das »Stein-auf-Stein-Prinzip« abgelöst hat, ist aber außen nicht erkennbar: Das Hotel an der Warnemündener Seestraße passt sich in seiner Fassade der Jugendstilarchitektur der Umgebung an und entspricht allen Denkmalschutzauflagen. Bei der Fassadengestaltung gibt es keinerlei Einschränkungen, weil System- und Massivbauweise kombinierbar sind. Und: »OFRA-Bauten erfüllen höchste Anforderungen an den Schallschutz und an die Wärmedämmung«, hebt Bößmann hervor.
In den vergangenen Jahren war der Flugzeughersteller Airbus ein Hauptauftraggeber: OFRA baute zwölf Verwaltungsgebäude mit insgesamt mehr als 50 000 Quadratmetern Bruttogebäudefläche für das Konsortiums in Hamburg-Finkenwerder, wo der Super-Jumbo A 380 montiert wird. So wurde im vergangenen Jahr nach nur 19 Wochen Bauzeit ein fünfgeschossiges Verwaltungsgebäude mit 85 Büroräumen als zwölfter Auftrag der Airbus fertig gestellt. Baukosten: 5,4 Millionen Euro.
Viel Erfahrung hat OFRA auch im Klinikbau. So errichtete das Beverunger Unternehmen 2004 für die Universität Würzburg ein Zentrum für Stammzelltransplantation. Für die Planungsarbeit standen nur 65 Tage zur Verfügung, zur Umsetzung der Pläne für das High-Tech-Gebäude nur fünf Monate. Wegen dieser extrem engen zeitlichen Vorgaben hatte sich der Bauherr, der Freistaat Bayern, für die OFRA-Generalbau mit ihrer Preis- und Termingarantie entschieden. »Bei der Ausstattung arbeiten wir mit Fachingenieurbüros zusammen«, beschreibt Bößmann das Vorgehen der OFRA als Generalunternehmer, der Klinik- und Laborgebäude vom »Fundament bis zur Pinzette« erstellt. Derzeit befindet sich ein Bundeswehrkrankenhaus im Bau.
Die OFRA-Bauweise bewährt sich aber auch in solchen Fällen, wenn - wie 2004 in Köln - Gebäude umgesetzt werden müssen. In Köln-Porz sanken die Schülerzahlen, in Köln-Widdersdorf stieg der Bedarf an Schulraum. So wurde eine von OFRA in Porz vor 15 Jahren erstellte zweigeschossige Grundschule abgebaut und in Widdersdorf wieder neu errichtet. Bauzeit: sechs Wochen, Baukosten: 180 000 Euro.
OFRA hat sich nicht nur mit solchen »Umsetzern« ganz auf die knappe Finanzsituation der öffentlichen Hand eingestellt. »PPP« - Public-Private-Partnership - heißt die Erfolgsformel: Private Investoren bauen nach den Wünschen öffentlicher Auftraggeber und vermieten die Objekte wie Schulen, Kindergärten oder auch Kliniken und Ärztehäuser. Seit vier Jahrzehnten kooperiert OFRA mit öffentlichen Auftraggebern. Mit der »getmore Immobilien und Beratung« steht der OFRA-Gruppe seit dem Jahr 2000 eine Immobilien-Spezialistin an der Seite, die bundesweit für Firmen und Privatkunden das gesamte technische und kaufmännische Gebäudemanagement übernimmt. Die OFRA beschäftigt in Beverungen etwa 90 Mitarbeiter, insgesamt arbeiten aber in Subunternehmen, die mit der Firma in jahrzehntelanger Partnerschaft verbunden sind, 350 Mitarbeiter.

Artikel vom 22.10.2005