18.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Entspannte Klänge, rockige Farbtupfer

»Fettes Brot« sorgen für Ausnahmezustand im Ringlokschuppen

Bielefeld (Rga). Obwohl »Fettes Brot« eine Hip Hop-Formation sind, stehen sie in punkto mitreißender Performance mit großen Gesten ihren Kollegen aus punkrockigeren Gefilden in nichts nach. Was nicht zuletzt daran liegt, dass die Hamburger neben harten Beats auch den Rock für sich entdeckt haben.

Hip-Hop regiert die Welt! Das ist nicht nur in den USA so, sondern beinahe auch in Deutschland. Die »Communities« sind weltweit vernetzt, Kollaboration zwischen deutschen, amerikanischen und auch afrikanischen Künstlern ist nicht unbedingt eine Seltenheit. Keine Frage, Hip-Hop gehört zu den positiven Auswüchsen der Globalisierung. Dass die Künstler dennoch eine starke Verbundenheit mit dem eigenen Lebensraum verspüren, spiegelt sich im Fall von »Fettes Brot« etwa in der Hommage an den Norden Deutschlands - »Nordisch by nature« - wider.
An diesem Abend im Ringlokschuppen bewiesen die Hamburger Jungs, dass sie neben den »Fantastischen Vier« nicht nur zu den erfolgreichsten Sprachakrobaten gehören, sondern auch zu den besten. Um kurz nach acht starteten die drei Vorstadtrapper nach einer eindrucksvollen Dia-Show mit sehr persönlichen Bildern in einen fulminanten Konzertabend. Schließlich sorgte allein das Erscheinen von »Doktor Renz«, »König Boris« und »Schiffmeister« dafür, dass die restlos ausverkaufte Halle dem Siedepunkt nahe kam. Was folgte, war eine selbstdarstellerische Darbietung der Musiker, die insbesondere »König« Boris Lauterbach bis zum letzten genoss.
Neben tiefsinnigen Nummern wie »An Tagen wie diesen«, dem gelungenen Rio-Reiser-Coversong »Ich bin müde«, und chartkompatiblem Grölnummern wie »Emanuela« hatten »Fettes Brot« die gesamte Bandbreite dessen zu bieten, was für einen rahmensprengenden Abend vonnöten ist. Und so verließ die Band die oftmals zu eng gesteckten Grenzen deutschsprachiger Hip-Hop-Musik. Chillige Sounds, rockige Farbtupfer, lateinamerikanische Rhythmen, und nicht zuletzt Special Guest »Finkenhauer«, der Gesangsstimme vom aktuellen Chartstürmer »An Tagen wie diesen«, sorgten für eine unerwartete Vielfalt.
Kommunikation per Sprechgesang kann tatsächlich ohne das ansonsten branchenübliche Gedisse gemeiner Rap-Proletarier wie Hip-Hop-Asi »Sido« auskommen, um vielmehr intelligent, dabei aber volksnah, und vollkommen unverkrampft zu sein. Auf diese Weise sorgten »Fettes Brot« für eine ausgelassene Stimmung und bescherten dem Publikum einen Abend, der nach gut zwei Stunden mit lockeren Nummern wie dem 96er Hit »Jein« und »Schwule Mädchen« zu Ende ging.

Artikel vom 18.10.2005