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Binnenschiff rammte
neuen Brückenpfosten

»Jahrhundertbauwerk« vor etwa 80 Jahren entstanden

Von Wilfried Sieber
Vlotho (VZ). Der eine oder andere ältere Uffelner oder Vlothoer wird die Weser noch ohne Straßenbrücke oder Teile dieses Bauwerkes kennen. Vor noch nicht einmal 80 Jahren, am 27. März 1927, wurde der »Grundstein« zu diesem Jahrhundertbauwerk für Vlotho und Uffeln gelegt.

Forderungen nach einem Brückenbau hatte es schon immer gegeben. Im Juli 1924 kam es zu einem Wendepunkt in der Geschichte. Eine Stadtverordnetenversammlung mit dem Brückenbauprojekt als erstem und wichtigsten Punkt fand statt.
Vlothos Amtmann und Bürgermeister Dr. Schildwächter bedauerte, dass sich Vlotho durch seine Lage in einem Tal industriell nicht ausweiten kann. Uffeln am gegenüberliegenden Ufer bot Platz und Bauland. Siedelten sich deshalb Menschen und Industrie in der Nachbargemeinde an, nähme das Verkehrsaufkommen über die Weser weiter zu, eine Brücke würde nötig werden.
Allerdings war Uffeln nicht nur selbstständige Gemeinde, sondern lag auch in einem anderen Landkreis. Der Brückenbau war zum Politikum geworden und von Vlothoer Seite wurde einmal mehr gefordert, Uffeln einzugemeinden. Dort war man nicht abgeneigt, wähnte sich doch mancher im Ort in einer vom Kreis Minden benachteiligten Randgemeinde.
Die Gemeinde Uffeln verblieb letztlich aber doch beim Kreis Minden, der sich anders an der Finanzierung nicht beteiligen wollte und dieser trat gemeinsam mit dem Kreis Herford als Bauherr auf. Fast genau ein Jahr nach Baubeginn erlebten Uffeln und Vlotho am 28. März 1928 ihr Jahrhundertereignis, die etwa 1,1 Millionen Reichsmark teure und 375 Meter lange Brücke wurde endgültig freigegeben. Fußgänger durften sie schon am 10. März 1928 benutzen. Das »Tageblatt« berichtete begeistert in seinem Blatt und widmete dem Ereignis eine komplette Seite.
Der Euphorie in der Bevölkerung tat keinen Abbruch, dass zur Refinanzierung Brückenzoll erhoben wurde, zu groß waren die Vorteile gegenüber der bisherigen Situation. Ein neues Kapitel in der gemeinsamen Geschichte Uffelns und Vlothos war 1928 geschrieben worden.
Am 3. April 1945 allerdings wurde das Buch abrupt zugeschlagen: Deutsche Pioniere zerstörten das Mittelteil der »Adolf-Hitler-Brücke«, wie sie mittlerweile benannt worden war. Erst am 31. März 1951 wurde eine für etwa 550 000 DM instandgesetzte und wieder betriebsbereite Vlothoer Straßenbrücke eingeweiht. Stolz berichtete diesmal die »Freie Presse« von »einer der längsten Brücken Deutschlands«.
Genau 30 Jahre später hatte auch dieses Bauwerk das Schicksal ereilt. Die stetige Verlagerung des Güterverkehrs auf die Straße hatte die Brücke so stark beansprucht, dass eine Weiternutzung unverantwortlich erschien. 1981 wurde sie von der heutigen, wenige hundert Meter stromaufwärts liegenden, modernen Spannbetonbrücke ersetzt.
Einen Schildbürgerstreich verhinderte 1980 Fritz Finkhäuser aus Vlotho, als er darauf aufmerksam machte, dass nach den vorliegenden Bauplänen ein bis in die Stadt führender Bürgersteig wohl nicht vorgesehen sei.
Bei diesem Brückenbau gab es einen größeren Unglücksfall, der glimpflicher ablief, als es zuerst schien. Das Binnenschiff »Heimburg« rammte bei Hochwasser auf seiner Fahrt durch den engen Baustellenbereich einen der im Bau befindlichen neuen Pfosten. Dieser nahm weniger Schaden als das Schiff, das nach Bemühungen der Bundeswehrpioniere aus Minden mit schwerem Gerät endgültig versank. Menschen kamen nicht zu Schaden.
Anregungen, einen der Brückenpfeiler des »Jahrhundertbauwerkes« von 1928 zu bewahren, wurden nicht aufgenommen. Erfolgreicher waren Überlegungen zu einem Brückenfest zur Eröffnung. Hunderte von Menschen säumten 1982 die Fahrbahn über die Weser, um den Umzug Uffelner und Vlothoer Vereine und Einrichtungen zu bestaunen.

Artikel vom 18.10.2005