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Stephen Paul, Vorsitzender der FDP-Kreistagsfraktion. Foto: HK

Durch Kooperationen einsparen

FDP im Kreistag regt Zusammenlegung von Katasterämtern und Bauhöfen an

Fehlende Arbeits- und Ausbildungsplätze sind auch im Kreis Herford ein viel diskutiertes Problem. Redakteur Peter Schelberg sprach mit Stephen Paul (33), FDP-Fraktionschef im Kreistag, über dieses und andere aktuelle regionale Themen.

Was schlagen Sie vor, damit wieder neue Jobs im Kreis Herford entstehen?
Stephen Paul: In der Möbelwirtschaft und anderen industriellen Branchen gehen Arbeitsplätze verloren. Einzig der Maschinenbau meldet Beschäftigungszuwachs. Mit Maßnahmen der regionalen Wirtschaftsförderung können wir diese Branchen stabilisieren und helfen, neue Geschäftsfelder wie Informationstechnologie oder Gesundheits- und Pflegedienstleistungen zu etablieren.

Ist der Kreis Herford mit seiner Wirtschaftsinitiative richtig aufgestellt?
Stephen Paul: Klaus Goeke und sein Team haben eine wertvolle Plattform geschaffen, wo sich Unternehmer, Verwaltungsleute und Politiker begegnen und verständigen. Mit »Widufix« konnten langwierige Genehmigungsverfahren verkürzt werden. Jetzt sollten Investoren, die neue Jobs schaffen wollen, gezielte finanzielle Anreize erhalten, bevor sie von anderen Regionen abgeworben werden. Zu holen gibt es einiges: Die EU-Fördertöpfe sind mit 50 Milliarden Euro im Jahr gut gefüllt. Auch auf Bundes- und Landesebene steht Geld bereit. Doch Unternehmen scheitern häufig am komplizierten Förderantrag. Experten gehen davon aus, dass bis zu 80 Prozent der Anträge von der EU wegen formaler Mängel abgelehnt werden. Wir wollen einen modernen regionalen Investoren-Service schaffen, der kleinen und mittleren Unternehmen Förderungen verschafft.

Können wir uns Hartz IV noch leisten?
Stephen Paul: Die Städte und Gemeinden im Kreis zahlen schon heute rund zwei Millionen Euro drauf. Von der versprochenen Entlastung durch Hartz IV kann also keine Rede sein. Wenn die Bundesregierung ihren Anteil an den Unterbringungskosten zurückfordert, müssen wir im Kreis zusätzlich 8,7 Mio.Euro aufbringen. Die zahlen Städte und Gemeinden. Das ist wieder ein Anschlag auf die Selbstverwaltung.

Was kann der Kreis für seine Kommunen tun?
Stephen Paul: Unter dem schützenden Dach des Kreises haben es sich unsere Städte und Gemeinden eingerichtet. Weil wir gut gewirtschaftet haben, zahlen sie vergleichsweise niedrige Finanzierungsbeiträge an den Kreis, der zudem sinnvolle Projekte vor Ort stützt. Aber selbst das beste Dach schützt nicht vor Wirbelstürmen, die übers Land ziehen.

Dem Kreis geht es finanziell auch nicht mehr so gut wie in den vergangenen JahrenÉ
Stephen Paul: Ja, die Kreisverwaltung rechnet 2006 mit einem Defizit von bis zu 20 Mio. Euro. Auch die wachsenden Schulden machen mir Sorge. Landrätin und Kreistagsmitglieder sind gefragt. Alle sind von der Bevölkerung gewählt, haben einen politischen Auftrag. Wir von der FDP jedenfalls haben neue Ideen und Visionen für den Kreis Herford.

Was werden Sie konkret vorschlagen?
Stephen Paul: Wir wollen Einnahmen und Ausgaben endlich wieder ins Gleichgewicht bringen. Immer neue Schulden, höhere Gebühren oder eine Explosion der Kreisumlage machen wir nicht mit. Wir sind auch gegen ein pauschales Streichkonzert, aber für mutige, wohl überlegte Entscheidungen in jedem Einzelfall. Es ist besser, die Landrätin und der Kreistag sanieren die Kreiskasse aus eigener Kraft, als eines Tages die Kontrolle über die Finanzen zu verlieren.

Ausgaben müssen verringert werden, aber wo?
Stephen Paul: Wir wollen weiter in Schulen und Straßen investieren - aber mit Hilfe privater Investoren. So können wir weiter in die Zukunft unseres Kreises investieren und mit Aufträgen Jobs im heimischen Bauhandwerk sichern. Außerdem sollte die Kreisverwaltung enger mit den Verwaltungen der Städte und Gemeinden und der Nachbarkreise zusammenarbeiten. Eine halbe Mio. Euro konnte schon durch die Kooperation der Veterinärämter in Ostwestfalen eingespart werden.
Ich stelle mir vor, genauso die Katasterämter auf regionaler Ebene zusammenzuführen. Vermessungsarbeiten können auch von mittelständischen Vermessungsbüros ausgeführt werden. Der erfolgreiche Kreisbauhof könnte mit den Bauhöfen der Städte und Gemeinden zu einem modernen, kreisweiten Dienstleistungsbetrieb zusammengefasst werden.

Artikel vom 18.10.2005