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Geduld siegt in »Gift-Grotte«

SCV lässt sich von Rückstand und penetranter Polemik nicht beirren

Von Marco Purkhart
Emsdetten (WB). Die ersten drei Punkte auf dem Weg zum großen Showdown gegen Borussia Dortmund sind im Sack: Mit einem späten, aber hoch verdienten 3:1 (1:1)-Erfolg beim SV Emsdetten hat der SC Verl die Titelspannung in der Fußball-Oberliga weiter angeheizt. Der Auftritt im Salvus-Stadion gestaltete sich dabei als Trip durch die »Gift-Grotte«.

Vor allem vor der Pause brannte unweit des Emsdettener Wasserturms die Erde. Nachdem SVE-Stürmer Oliver Logermann knapp vorbeigeköpft (5.) und »Oberliga-Zidane« Philipp Böwing-Schmalenbrock es beim glücklichen 1:0 einmal »böscheln« lassen hatte, wichen sportliche Höhepunkte nämlich fortwährend einer unausstehlichen Emsdettener »Sterbender Schwan«-Show.
Während die SVE-Spieler den wunderschönen Rasen statt für feinen Fußball lieber zu überzogenen Schauspieleinlagen nutzten, erzeugten deren aggressive Anhänger von draußen durch wildes Grölen vor nahezu jedem Zweikampf eine derart penetrante Polemik, dass einem Christian Erbs als leitender Referee dieser entarteten Partie wirklich leid tun konnte. Ebenso der Mann vom Deutschen Roten Kreuz, der für seine zahlreichen »Rettungseinsätze« ob der Schein-Verletzungen umsonst umher rannte.
»Wir wussten aber, dass uns hier bei jeder kleinsten Aktion ein Geschrei wie bei einem Mordanschlag erwartet«, schmunzelte Verls Trainer Mario Ermisch später. Penibel genau an der Kreide-Grenze seiner aufgezeichneten Coaching-Zone tippelnd, mischte der Rechtsanwalt daher auch munter mit und geigte den gerne abhebenden Gegnern durch hämischen Applaus seine Meinung. Der allgemeinen Hektik unter dem stetig steigenden Lärmpegel setzten die Kicker des SC Verl jedoch das einzig probate Mittel entgegen: geduldig Ball und Gegner laufen lassen.
Und dafür wurden sie mit dem sehenswerten 1:1-Geniestreich des starken Lars Remmert schon bald belohnt - passend eine Minute vor dem Halbzeitpfiff. Das war übrigens die erste gefährliche Chance der Gäste und schlug daher um so mehr ein: Es herrschte plötzlich Ruhe auf den Rängen. Nach dem Gang in die kühlen Katakomben hatten sich dann auch die letzten hitzigen Gemüter beruhigt und der Fußball stand endlich wieder im Vordergrund. Emsdetten musste mit seinem Torschützen »BöSch« den gefährlichsten Mann verletzungsbedingt in der Kabine lassen, Verl nahm nun schnell das Heft in die Hand. Chancen, wie die riesige von Lukas Krause nach Rogowski-Flanke (55.), blieben trotz deutlicher SCV-Überlegenheit im Vergleich zu anderen Verler Darbietungen zwar weiterhin Mangelware. Doch sie wurden dafür sehr clever durch Heinrich Schmidtgal (71.) und Soner Dayangan (80.) genutzt. Am 3:1 des SCV hatte nachher niemand etwas zu mäkeln - noch nicht einmal die vor der Pause noch so selbstsicheren Emsdettener Motzki-Fans.

Artikel vom 17.10.2005