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500 Euro haben Thijs Waterinks
Leben verändert

Ex-Profi wird jetzt Sonderpädagoge

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WB). Die Vergangenheit holt ihn ein. Wenn von heute an Skandalschiedsrichter Robert Hoyzer der Prozess gemacht wird, rückt auch Thijs Waterink in den Blickpunkt. Der Holländer ist zwar nicht angeklagt, in Berlin auch nicht als Zeuge geladen und doch wird sein Name auf ewig mit dem spektakulärsten Fall von Manipulation im deutschen Fußball seit 1971 verbunden bleiben.
Für Paderborn nie mehr am Ball: Den Profi Thijs Waterink gibt es nicht mehr. Foto: Hörttrich

Thijs Waterink war der erste Spieler, der eine Verwicklung in den Wettskandal zugab, er war der erste, der vom DFB-Sportgericht gesperrt wurde und der erste, der von seinem Verein suspendiert wurde. Das ist fast neun Monate her, für Paderborns Ex-Kapitän sind die Tage und Wochen aber noch so präsent, als wenn alles erst gestern passiert wäre. »Dieser Wettskandal hat mein Leben verändert«, sagt Waterink, der sich zur Sache nicht mehr äußern will. »Ich habe damals meine Erklärung abgegeben, der habe ich auch heute nichts hinzuzufügen.«
Demnach traf sich Waterink am 21. August 2004 im »Umfeld des Stadions« mit einem »unbekannten, südländisch anmutenden Mitbürger«. Der Mann hatte 10 000 Euro dabei, Geld, das er Waterink mit dem Hinweis übergibt, es solle die Spieler besonders motivieren. Würde der Außenseiter den Hamburger SV aus dem Pokal werfen, dürfe die Mannschaft das Geld behalten. Andernfalls wolle es der Mann, von dem Waterink weder Namen noch Herkunft oder Telefonnummer kennt, zurück.
Erst am nächsten Tag erzählt Waterink seinen Mitspielern in der Kabine von dem edlen Spender und den 10 000 Euro. Das Geld wird aufgeteilt - 500 Euro für jeden. Angeblich denkt sich niemand etwas dabei - bis zum 22. Januar 2005, dem Tag, an dem der DFB-Kontrollausschuss die Ermittlungen gegen Robert Hoyzer aufnimmt.
An diesem kalten Januarwochenende endete auch Waterinks Karriere als Fußball-Profi: erst freigestellt, später fristlos gekündigt. Statt Aufstiegskampf stand der Innenverteidiger nur noch im Abseits. Von Holland aus registrierte er immer neue Enthüllungen im Manipulations-Skandal und beobachtete Paderborns gewonnenen Kampf um einen Platz in der zweiten Liga. Die von seinen Mitspielern versprochene Aufstiegsprämie bekam er aber bis heute nicht. Auch darüber schweigt der 36-Jährige, redet lieber über die Zukunft.
Zurzeit kickt er noch ein bisschen für V.V. De Bataven in der niederländischen Amateurliga, besucht wieder die Schule, lässt sich zum Sonderpädagogen ausbilden um eines Tages Behinderte oder schwer erziehbare Jugendliche zu betreuen. »Für diese Menschen will ich dann im normalen Leben der Kapitän sein«, sagt Waterink, der mit aller Macht versucht, mit seiner Familie (verheiratet mit Natascha, zwei Kinder) in ein geordnetes Leben zurück zu kehren. Den Weg dorthin beschreibt er selbst als »unglaublich schwer« und hofft, dass auch seine Ermittlungsakten irgendwann endlich für immer geschlossen werden: »Ich möchte noch einmal neu anfangen und alles, was gewesen ist, hinter mir lassen.«
Welchen sportlichen Wunsch Waterink für die Zukunft hat, ist deshalb nicht schwer zu erraten: »Dass mein Name eines Tages nicht mehr mit dem Wettskandal in Verbindung gebracht wird.«

Artikel vom 18.10.2005