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Prima Kleinkunst-Comedy
mit ganz spontanem Mord

»Lach- & Krachtage«: 70 Gäste erleben die »Li(e)derlichen«

Von Lars Wellhöner
Halle (WB). Ein Hot Dog mit Maggi-Würze, der Ruf von zwei Frauen nach Männern als Neandertalern, ein besoffener Bahnhofssprecher und ein spontan verübter Mord bilden die Rahmenhandlung von »The Wurst Case« - einer Aufführung der »Li(e)derlichen« im Rahmen der »Lach- & Krachtage«.

Freifrau Irmtraut Marie von Möbius (gespielt von Susan Kläffer) möchte ihren Mann aus Anlass des zweiten Hochzeitstages überraschen und vom Bahnhof abholen. Sehr zum Verdruss der spleenigen Frau hat der Zug ihres Mannes mehr als eine Stunde Verspätung. Im Wartesaal des Bahnhofs trifft sie auf die ehemalige Showtänzerin Gaby Wurst (Sabine Kämper), die seit dem Ende einer - eigentlich nie richtig begonnenen Karriere - eine Würstchenbude betreibt. Auch ihr Mann, soll mit dem gleichen Zug im Bahnhof ankommen.
Warten aber verbindet. Mit der Zeit lernen sich die anfangs sehr hochnäsige Freifrau von Möbius und die handfeste Gaby Wurst kennen. Sogar eine schnelle Freundschaft entwickelt sich zwischen den ansonsten doch sehr unterschiedlichen Frauen.
»Es ist musikalische Kleinkunst Comedy«, bezeichnete Regisseur Joseph Vicaire den Abend, der ganz seinen eigenen Stil hat und sich nicht recht einordnen lässt - was sich sehr positiv auswirkt. Mit ausgefeilter Gestik und Mimik schafft es Wurstverkäuferin Gaby das Publikum für sich zu gewinnen, während Freifrau von Möbius immer etwas unterkühlt wirkt. Das Publikum bleibt nicht nur in der Rolle des Beobachters. Jeder einzelne Besucher wird direkt zum wartenden Zuggast, der mit Verzehrgutscheinen bei der Stange gehalten werden soll.
»Leichte Kost für die Ohren, schnelle für den Magen«: Nach diesem Motto bekamen die rund 70 Besucher ein Trinkpäckchen und auch ein Hot Dog - ein Service, den man bei der Deutschen Bahn vergeblich sucht. Eingebaut sind in die Geschichte immer wieder Gesangsstücke: Chansons aus den 20er und 50ern, aber auch Schlager von Marianne Rosenberg. In »Freeze-Bildern« wird angedeutet, dass die Frauen mehr gemeinsam haben, als sie sich anfangs eingestehen wollen. Während die Zeit für die eine angehalten zu sein scheint, bewegt sich die zweite in Zeitlupe fort und erfährt Sonderbares über die Partnerin.
Je näher der Zug kommt, desto auffälliger werden die Ähnlichkeiten der beiden Ehemänner. Bei der Rücknbesinnung auf den Heiratsantrag kommt die Erleuchtung: Denn wer nennt seine Frau schon bei gleichen rund einem Dutzend Kosenamen auf einmal? Am Ende wird aus der Würstchenbude ein Mordwerkzeugladen. Das Brötchenmesser und die elektrische Schere verwandeln sich in Tatwaffen und gemeinsam wird der Mann umgebracht.
Kräftigen Applaus gab es für die beiden Schauspielerinnen zum Abschluss eines netten, leckeren und kurzweiligen Abends. Sabine Kämper ist TV Moderatorin im RTL-Shop und bei QVC sowie Ensemblemitglied unter anderem im Solana Theater in Köln. Schauspielkollegin Susan Kläffer stammt aus Berlin. Sie arbeitet ebenfalls in Köln sowie beim Shopping-Sender QVC. Das Stück wurde von Sabine Kämper geschrieben. Regisseur ist Joseph Vicaire, der unter anderem am bekannten »Schmidts Tivoli« in Hamburg auf der Bühne stand.

Artikel vom 17.10.2005