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Sütterlin-Schrift muss
kein Rätsel bleiben

Kompetenzwerkstatt Demenz bietet Lernkurs an


Lübbecke (er). Unsere Großeltern konnten sie noch gut lesen, viele sogar schreiben - die Sütterlin-Schrift. Jüngere Generationen stehen dagegen oft vor einem Rätsel, wenn sie alte Briefe, Tagebücher oder Dokumente in dieser exakten, aufrechten Schrift finden. Ein Kurs der Kompetenzwerkstatt Demenz im Kreis Minden-Lübbecke (Modellprojekt Hilfen bei Demenz und PARIVital) soll jetzt weiter helfen.
Die Schrift verdankt ihren Namen dem Berliner Grafiker und Pädagogen Ludwig Sütterlin (1865 - 1915). »Doch eigentlich gab es sie schon lange vorher«, erklärt Martin Mielke (80).
Der ehemalige Rektor der Grundschule Levern hat sich intensiv mit der alten Schreibschrift befasst und herausgefunden, dass sie von Sütterlin zunächst an Berliner Schulen getestet wurde. »1941 gab es eine abrupte Wendung. Die NSDAP verbot per Erlass die bis dahin als Ýdeutsche SchriftÜ bezeichnete Schreibweise, weil sie angeblich eine Ýjüdische ErfindungÜ sei. Eine haarsträubende Begründung! Seither wurde in den Schulen die lateinische Schrift gelehrt.« Die technische Entwicklung tat ein übriges. Schreibmaschine und Computer ließen die Handschrift zur Nebensache verkommen.
Viele Dokumente und Erinnerungen, die zwischen 1915 und 1940 notiert wurden, liegen heute in der Sütterlin-Schrift vor. Manchen Menschen, die in dieser Zeit das Schreiben lernten, fiel auch die Umstellung schwer und sie behielten die gewohnte Handschrift bei. Das Problem haben nun die Nachkommen, die ihre Aufzeichnungen nicht entziffern können.
»In unserer Reihe ÝErinnern heißt lebenÜ bieten wir deshalb jetzt einen Kurs an. Über die Sütterlin-Schrift wird mitunter eine Verständigung mit sehr alten Menschen möglich. Wenn man alte Briefe und Dokumente lesen kann, kehren Erinnerungen zurück«, berichtet Petra Horstmann vom PARIVital Treffpunkt für Familien- und Erwachsenenbildung.
Angeboten wird der Kurs, der Grundlagen des Lesens in der Sütterlin-Schrift vermitteln soll, ab 20. Oktober an fünf Donnerstagen jeweils von 10 bis 11.30 Uhr im Treffpunkt Parität in der Lübbecker Bahnhofstraße 29 a. Dozent ist Martin Mielke. Ein gleichartiger Kurs läuft bereits in Bad Oeynhausen mittwochs von 17 bis 18.30 Uhr in der Tagespflege im Werfelweg 7 (Dozent ist Rico Quaschny, Leiter des Stadtarchivs).
Alte Familienpost oder andere Texte können gern mitgebracht werden. Anmeldungen und Fragen sind an Petra Horstmann, Telefon 0 57 41/ 34 24 32, bei PARIVital zu richten.

Artikel vom 18.10.2005