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Gut und böse im Büro

Kammerspiele: »Push up 1-3« von Schimmelpfennig

Julika Wagner-Hohenlobbese und Frerk Brockmeyer in »Push up 1-3«. Foto: Brigitte Voß
Von Andrea Pistorius
Paderborn (WB). Sehenswerte Charakterstudien zeigt das Ensemble der Westfälischen Kammerspiele in der Paderborner Inszenierung des Gesellschaftsdramas »Push up 1-3« von Roland Schimmelpfennig. Das Publikum honorierte die Darstellungsleistung bei der Premiere am Donnerstagabend mit kräftigem Szenen- und Schlussapplaus.
Schimmelpfennig greift auf das altbekannte Schwarz-Weiß-Muster von Gut und Böse zurück, um vom zerstörerischen Konkurrenzdruck des »big business« zu erzählen. Sechs Manager eines weltumspannenden Konzerns arbeiten mit eiserner Disziplin und allen Tricks, um ihr Karriereziel zu erreichen. Ihnen stehen zwei einfache Wachleute gegenüber, die sich für ihren Broterwerb ganz sicher nicht verbiegen müssen. Sie sind so richtig herzig, während die sechs anderen Figuren Abscheu, aber auch Mitleid hervorrufen.
Karin Drechsel setzt in ihrer Inszenierung ganz auf eine schon satirische Übertreibung dieser Gegensätze. Da stöckelt die junge Abteilungsleiterin mit üppigem Dekolleté durchs Büro, deutlich signalisierend, dass es nicht nur auf Fleiß, sondern auch auf Sexappeal ankommt. Die Wachfrau dagegen trägt eine adrette Uniform und wagt höchstens ein freundliches Lächeln in Richtung ihres Kollegen. Ähnliche Gegensätze gibt es in der Sprache, die Manager und Dienstpersonal pflegen.
Die Karrieretrickserei endet in einem wilden Tanz, aus dem sich der eine mit einem Strick, die andere mit einer Babyflasche entfernt - und der Konfettiregen geht ausgerechnet über dem Verlierertypen nieder. Damit findet Karin Drechsel für eine formal strenge Inszenierung in einem nüchternen Bühnenbild ein furioses Finale.
»Push up 1-3« ist an den Kammerspielen bis zum 5. November zu sehen (Theaterkasse: Ruf 05251/88-2634).

Artikel vom 15.10.2005