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Teelicht im Regal brachte
drei Schwestern den Tod

Mutter hatte ihre Kinder über Stunden allein gelassen

Rostock (dpa). Ein Teelicht auf dem Regal ihres Schlafzimmers sollte den drei Schwestern Trost in der Dunkelheit spenden, doch es wurde ihnen zum tödlichen Verhängnis.

Die dreijährigen Zwillinge Nina und Maja sowie die anderthalbjährige Nelly starben in der Nacht zu Donnerstag in einem Mehrfamilienhaus in der Rostocker Innenstadt, nachdem eine Wickelkommode von der Kerze in Brand gesetzt worden war.
Die 31-jährige Mutter hatte einige Stunden zuvor die Wohnung verlassen. Als sie zurückkam, schwelte bereits der Brand, die Kinder waren nicht mehr ansprechbar. Eines der Mädchen starb noch vor Eintreffen der Rettungskräfte, ein weiteres auf dem Weg ins Krankenhaus und das dritte in der Kinderklinik.
Die Staatsanwaltschaft Rostock nimmt als Todesursache Rauchgasvergiftung an, dies muss jedoch noch vom Gerichtsmediziner untersucht werden. »Wir ermitteln wegen des Verdachts auf fahrlässige Brandstiftung und fahrlässige Tötung«, sagt der Oberstaatsanwalt. Diese Vergehen können mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet werden.
Die Mutter war nach Angaben der Rostocker Stadtverwaltung seit der Geburt der Kinder beim Jugendamt auffällig, weil sie sich mit den Kindern überfordert fühlte. Ihr war auch eine Familienpflegerin an die Seite gestellt worden, die bei der Kinderbetreuung und der Strukturierung des Tagesablaufes half. Die 31-Jährige wurde mit einem Schock ins Krankenhaus gebracht.
Der Vorsitzende des Kinderschutzbundes Mecklenburg-Vorpommern, Holger Lindig, wundert sich, dass die Mutter ihre Kinder in diesem Alter über mehrere Stunden hinweg allein ließ. »Länger als eine halbe Stunde sollten sie nicht unbeaufsichtigt bleiben. Bei längerer Abwesenheit müssen Kontrollmechanismen eingebaut werden«, sagt Lindig. »Nachbarn können gebeten werden, während der Abwesenheit nach den Kindern zu sehen.«
Der Brandschutzexperte Rudolf Büssem verweist auf die Gefahren, die von Teelichten ausgeht: »Viele übersehen, dass Teelichter oft in brennbaren Kunststoffhüllen stecken, die schon bei einem Windzug Feuer fangen können.«
Auch die Unterlagen, auf denen die Kerzen stehen, gerieten schneller in Brand als die Menschen glaubten.
Und wenn dann Fenster und Türen geschlossen sind, kann laut Büssem schon innerhalb weniger Minuten eine tödliche Konzentration von Rauchgasen erreicht werden.

Artikel vom 14.10.2005