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Gar nichts Goldenes

Fecht-WM: schlechteste deutsche Bilanz seit 23 Jahren

Leipzig (dpa). Die deutschen Fechter jubelten über Florett-Bronze wie über Gold, doch auch die vierte Medaille hat die schlechteste WM-Bilanz seit 23 Jahren nicht verhindert.

Ausgerechnet bei der Heim- Weltmeisterschaft ging der Deutsche Fechter-Bund (DFeB) bei der Vergabe der Titel erstmals seit 1997 leer aus. Trotzdem sahen die Funktionäre ihre eigenen Erwartungen erfüllt. »Wir haben gesagt, es muss was auf den Teller. Und jetzt sucht man auf dem Boden nach Krümeln«, sagte DFeB-Sportdirektor Claus Janka.
Zum WM-Abschluss sorgte die Herrenflorett-Mannschaft beim Gefecht um Platz drei zum ersten Mal für echte WM-Stimmung in der Leipziger Arena. Peter Joppich (Koblenz), Dominik Behr (Tauberbischofsheim) und Benjamin Kleibrink (Bonn) schlugen nach einem 36:45 gegen Olympiasieger Italien China mit 45:40. Joppich riss als überragender Schlussfechter das Duell mit zehn Treffern hintereinander noch herum. »Es war ein Nervenkrimi. Im Einzel lief alles schief, heute hatte ich einen Traumtag«, sagte der entthronte Einzel-Weltmeister von 2003.
Die Damensäbel-Mannschaft wurde nach einem 25:45 gegen Südkorea Zehnte. Die USA gewannen im Finale gegen Russland mit 45:36. Den Herrenflorett-Titel sicherte sich Frankreich durch ein 45:32 über Italien.
Dank der Erfolge der Mannschaften konnte der Deutsche Fechter-Bund ein positives WM-Fazit ziehen. Das Überraschungssilber durch Florettfechterin Anja Müller konnte die schlechteste Einzelbilanz seit zehn Jahren kaum aufpolieren. Rang zwei für das Herrendegen-Team sowie Bronze für die Damendegen- und die Herrenflorett-Mannschaft sorgten dafür, dass die Equipe das Minimalziel schaffte.
Müller fehlte nur ein Treffer zu Gold, Säbelfechter Nicolas Limbach (Dormagen) wurde durch zwei zweifelhafte Obmann-Entscheidungen um Edelmetall gebracht. Doch nur diese zwei Fechter erreichten das vom DFeB immer wieder gern angeführte Finale der besten Acht - eine Entwicklung, die noch mehr zu denken geben muss als die Anzahl der Medaillen. »Wir sind ein bisschen hinter der Weltspitze«, sagt Florettfechter Ralf Bißdorf, der wie die meisten deutschen Favoriten im Einzel weit unter seinen Möglichkeiten blieb. Der Olympia-Zweite von 2000 fühlte sich durch die von Bundestrainer Uli Schreck eingeführten zentralen Lehrgänge nicht optimal vorbereitet und denkt über ein Karriereende nach.
Weltverbandspräsident Rene Roch bescheinigte der dritten WM auf deutschem Boden zwar, »exzellent« gewesen zu sein. Doch der erhoffte und auch benötigte Schub für den deutschen Fechtsport könnte bei der Konkurrenz der Randsportarten angesichts des fehlendes Goldes ausbleiben. Statt insgesamt vor 20 000 Zuschauern fanden die Finals teilweise vor nur zur Hälfte besetzten Rängen statt. Eintrittspreise von 25 Euro für die Abendveranstaltungen sind offenbar nur in einer Fechtnation wie Frankreich durchsetzbar, das mit vier Goldmedaillen erneut die erfolgreichste Equipe stellte.

Artikel vom 17.10.2005