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Klinik-Bau mit
Billigkräften?

Gewerkschaft sieht Gesetzesverstoß

Minden (WB/ca). Auf Ostwestfalens größer Baustelle wird angeblich massiv gegen Vorschriften verstoßen. Nach Angaben der Industrie-Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt erhalten Arbeiter für den Bau des neuen Mindener Klinikums nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn.
Die »Macher« des Klinikums: Geschäftsführer Gerald Oestreich, Kreisbaudezernent Jürgen Striet und Landrat Wilhelm Krömer auf der Großbaustelle. Foto: Bilyj

Für 210 Millionen Euro entsteht derzeit in Minden auf 23 Hektar ein neues Klinikum für den Kreis Minden-Lübbecke, das Ende 2007 fertiggestellt sein soll - die größte Krankenhausbaustelle Deutschlands. Im Moment arbeiten dort etwa 100 Handwerker, später solle es bis zu 500 sein. »Doch weder heimische Unternehmen noch hiesige Arbeitskräfte profitieren entsprechend von der Baumaßnahme«, kritisiert Gewerkschaftssekretär Bodo Matthey aus Bielefeld. Nach seinen Angaben arbeiten auf dem Bau »ein paar deutsche Poliere«, nahezu alle anderen Handwerker kämen aus Tschechien, der Slowakei und Kroatien - »und schuften für einen Hungerlohn.«
12,40 Euro brutto beträgt der gesetzliche Mindeslohn für einen Facharbeiter auf dem Bau. »Aber etliche Ausländer, die in Minden täglich bis zu 15 Stunden arbeiten, kommen nur auf 5,60 Euro pro Stunde«, haben Matthey und seine Kollegen nach eigenen Angaben herausgefunden. 40 Bauarbeiter hätten zudem seit zwei Monaten überhaupt keinen Lohn bekommen und Klagen eingereicht. »Hier liegen eindeutige Verstöße gegen das nordrhein-westfälische Tariftreuegesetz vor, das auch für jeden Subunternehmer gilt«, agte der Gewerkschafter.
Matthey kritisierte den Kreis Minden-Lübbecke: »Er war als Bauherr verpflichtet, bereits bei der Auftragsvergabe zu kontrollieren, ob die Baufirmen die Mindestlöhne zahlen können. Und das ist offenbar nicht geschehen«, sagte Matthey. Er forderte Landrat Wilhelm Krömer auf, durchzugreifen und von seinem Recht Gebrauch zu machen. Aufträge zu kündigen: »In OWL ist jeder vierte Bauarbeiter arbeitslos. Wir haben genug qualifizierte Kräfte und Firmen, um das Klinikum mit heimischen Unternehmen zu errichten!«
Der Kreis Minden-Lübbecke wollte gestern zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen.

Artikel vom 13.10.2005