17.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Späte Strafe aus elf Metern

Bayern verspielt die Führung - Mittwoch erste Verhandlung mit Ballack

Von Klaus Lükewille
Gelsenkirchen (WB). Ein Pfiff. Ein Schuss. Ein Tor. Zack, zack, zack, so schnell geht das. Das 1:1 aus elf Metern in der Nachspielzeit. Und weg war sie, die Tabellenführung des deutschen Fußball-Rekord-Meisters FC Bayern München. Verspielt und verschenkt.

Felix Magath blickte deshalb so finster wie schon lange nicht mehr. Da fehlten seiner Mannschaft nur noch ein paar Sekunden zum ersten Sieg in der neuen Schalker Arena, es sollte aber wieder nicht reichen. Der Bayern-Trainer sprach in der Pressekonferenz ungewohnt leise. Das ist auch kein gutes Zeichen für seine Profis. Dann wird er am Tag danach bei der internen Analyse umso lauter.
Kritische Worte musste sich sofort vor Ort nach dem Abpfiff der Schiedsrichter anhören. Michael Weiner passte sich in der Tat dem höchst mäßigen »Spitzenspiel« an. Er war von einer Spitzenleitung weit entfernt. Der Elfmeter in der Nachspielzeit, der anschließende Platzverweis für Martin Demichelis noch obendrauf - da sahen die Bayern rot. Vor allem Manager Uli Hoeneß, der wutentbrannt von einer Konzessions-Entscheidung sprach: »Die Schalker haben sich im Strafraum 98 Mal fallen lassen, irgendwann musste der ja pfeifen.«
Die umstrittene Situation schilderten die beteiligten Spieler selbstverständlich aus ihrer Sicht. Sören Larsen: »Ich bin umgestoßen worden.« Bastian Schweinsteiger: »Der hat den Hintern rausgereckt und ist umgefallen.« So war es, wie TV-Bilder bewiesen. Aber Weiner fiel darauf rein, und Larsen nutzte das Geschenk zum Ausgleichstreffer.
Es war die späte Strafe aus elf Metern, weil die Bayern nach einer überlegen geführten ersten Halbzeit gleich zwei Gänge zurück schalteten. Da stand wieder einmal nur noch Ergebnis-Verwaltung auf dem Fahrplan. Das Tor von Roque Santa Cruz (19.) würde schon reichen. Die Münchener 1:0-Spezialisten bringen diesen Minimalvorsprung aber eben nicht immer ins Ziel.
Magath musste später zugeben: »Das 1:1 ist in Ordnung. Wir haben in den zweiten 45 Minuten zu defensiv gespielt und die Konterchancen nicht genutzt.« Da lag Roy Makaay nach gut einer Stunde das 2:0 auf dem Fuß, er zog den Ball aber knapp am Tor vorbei. Ein niedergeschlagener Niederländer, der wortlos die Arena verließ. Er hat zwar schon sechs Tore auf dem Konto, aber seit sechs Wochen nicht mehr getroffen.
Dafür langten seine Kollegen und er bei Zweikämpfen ordentlich hin. Fünf Gelbe Karten hatte Weiner bereits gezückt, dann sollte Sekunden vor Schluss noch die »Rote« dazu kommen. Dieses Feldverweis-Urteil für Demichelis war allerdings zu hart, was natürlich auch von Magath so gesehen wurde: »Ich habe da nämlich nichts gesehen. Das war nie und nimmer eine Rote Karte.«
Eine Verwarnung hätte gereicht, deshalb reichte es auch den Bayern: Weiner, ein Unparteiischer zum Weinen. Wobei sie nicht zu laut jammern sollten. Denn beim Führungstor von Santa Cruz übersah der Linienrichter eine klare Abseits-Position. Trotzdem machte Uli Hoeneß diese Rechnung auf: »Es kann nicht sein, dass die schlechtere Mannschaft noch einen Punkt holt. Wir mussten hier mit 3:1 oder 4:1 gewinnen.«
Wer viel erzählt, der verzählt sich schon mal. Michael Ballack, nach dreiwöchiger Grippe-Pause wieder dabei, bewertete das 1:1 als »gerecht«. Wichtiger wird das Ergebnis, das der Bayern-Vorstand und der Star erzielen. Am Mittwoch wollen sie sich erstmals zusammensetzen. Dann wird über die Zukunft des Michael Ballack gesprochen. Und dann ist dieses ärgerliche Remis gegen den FC Schalke 04 längst Vergangenheit.

Artikel vom 17.10.2005