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»Der soll nicht
ständig in den
USA rumtanzen«

Kritik an Klinsmann wird schärfer

Berlin (dpa). Der Ton wird rauer, die Auseinandersetzung zwischen Meinungsmachern der Bundesliga und Jürgen Klinsmann immer heftiger.

Uli Hoeneß verschärfte am Wochenende nochmals die Kritik an der Arbeitsweise des Bundestrainers: Er solle endlich nach Deutschland kommen »und nicht ständig in den USA rumtanzen und uns hier den Scheiß machen lassen«, forderte der Bayern-Manager nach dem 1:1 in der Bundesliga bei Schalke 04.
Für Klinsmann hat die Debatte inzwischen die Schmerzgrenze erreicht, offenbar hätten viele Kritiker auf ein Tief der Nationalmannschaft nur gewartet. Der 41-Jährige sieht eine populistische Diskussion, die mit der Sache nichts mehr zu tun habe: »Wo ist eigentlich die Respekt-Grenze?«
Gestern griffen die Chefs des Deutschen Fußball-Bundes und der Bundesliga ein, um eine Eskalation zu vermeiden. »Es sind nicht alle Trainer der gleichen Meinung«, betonte DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder und machte deutlich, dass die Hoeneß-Aussagen nicht als Allgemeingut der Liga zu werten sind.
Liga-Boss Werner Hackmann setzt alles daran, »um den 24. Oktober herum ein Treffen mit Klinsmann und den Managern zu organisieren«, was auch Oliver Bierhoff als sehr notwendig einstuft. »Es entsteht natürlich ein Bild, dass so nicht gegeben ist. Da werden viele Dinge in einen Topf geworfen und wenn man genauer schaut, ist sehr viel Emotionalität dabei«, bewertet der Teammanager die Debatte, die offenbar zum Teil ihre Ursachen auch in privaten Empfindlichkeiten haben.
Auch Bayern-Macher Hoeneß forderte Sachlichkeit ein, sagte aber gleichzeitig: »Wir müssen aufhören, ständig den Mantel der Nächstenliebe über alles zu decken.« Schalke-Manager Rudi Assauer legte nach: »Das geht auf Dauer nicht gut. In der Liga rumort es wirklich, und das wollen wir ja alle verhindern. Es ist ja nicht so, dass wir von Jürgen Klinsmann enttäuscht sind, nur er hat präsent zu sein, hier vor Ort und nicht in Amerika.«
Der Wahl-Amerikaner will von seinem WM-Weg weiter nicht abweichen. »Erst einmal müssen wir klären, worüber geredet wird. Soll ich quer durch die Republik reisen und freundlich mein Gesicht zeigen? Wir haben eine klare Aufgabenteilung«, sagte Klinsmann. Es gehe um inhaltliche Dinge und nicht um Lobby-Arbeit, »dafür bin ich nicht zuständig.« Der Bundestrainer forderte alle auf, »ein paar Eitelkeiten zurück zu stellen«.
Mayer-Vorfelder verteidigte im Deutschen Sportfernsehen (DSF) Klinsmanns Arbeitsstil. »Er muss seinen eigenen Weg gehen, deshalb ist er Bundestrainer geworden. Man soll nicht aus lauter Lust und Tollerei an allem herum machen«, forderte der DFB-Präsident und verwies auf mehrere Treffen, die es schon gegeben habe.
Klinsmann ist mehr und mehr verwundert über einige Stimmen: »Es ist interessant zu sehen, dass auch die Bundesliga-Trainer sagen, die Kommunikation zu einem Bundestrainer war noch nie so gut wie momentan. Gleichzeitig beschweren sie sich.«

Artikel vom 17.10.2005