13.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Volkskrankheit
unruhige Beine
ist beherrschbar

Eine Fortbildung für Patienten

Bielefeld (bp). Restless Legs (unruhige Beine) sind eine Volkskrankheit. Das sagt Prof. Dr. Peter Clarenbach, Chefarzt der Neurologischen Klinik am Johannesstift. Neun Prozent der Bevölkerung leide am Restless-Legs-Syndrom (RLS), etwa so viele, wie von Migräne gequält werden.

Grund genug für Prof. Clarenbach, der gemeinsam mit Oberärztin Dr. Manuela Müller an der Neuauflage seines Buches über RLS arbeitet, zu einer Fortbildung für Patienten einzuladen. Am Montag, 17. Oktober, von 17 bis 18.30 Uhr in der Kapelle des Johannesstiftes an der Schildescher Straße wird auch die Vorsitzende der Deutschen Restless Legs Vereinigung, Lilo Habersack, erwartet.
Menschen mit »unruhigen Beinen« spüren immer dann, wenn sie zur Ruhe kommen, Taubheit, Kribbeln, Reißen, Ziehen, Bohren, Stechen, Jucken, Brennen, Hitze- oder Kältegefühle in ihren Beinen. Stillsitzen im Flugzeug oder im Auto, im Theater oder bei einem Konzert wird ihnen zur Qual. Noch quälender, so Prof. Clarenbach, sei das abendliche Zubettgehen: »Der Mensch ist müde, aber die Beine werden gewissermaßen hellwach.« Das Einschlafen kann sich um Stunden verzögern. Die Folge ist Zerschlagenheit am Morgen, Gereiztheit, Abgeschlagenheit. Der Schlafmediziner weiß: »Viele dieser Menschen gehen erst am frühen Morgen zu Bett, weil sie wissen, dass es vorher keinen Zweck hat.«
Clarenbach betont aber auch, dass die Diagnose einfach sei, zumal RLS entweder vererbt werde (ein betroffener Vater oder eine betroffene Mutter geben das Erbmerkmal an die Hälfte ihrer Kinder weiter) oder eine Grunderkrankung vorliege. Dazu gehöre unter anderem Eisenmangel im Gehirn, aber auch Schilddrüsen- oder Nierenerkrankungen. RLS sei eine Erkrankung des zentralen Nervensystems. Während RLS, so Clarenbach, bislang vor allem Schlafmedizinern vertraut war, werde es wie etwa Parkinson neuerdings als eine Krankheit der Motorik gesehen. Wenn Schlafstörungen die Nacht und damit sekundär auch den Tag beeinträchtigen, die Bewegungsunruhe das soziale Leben nahezu unmöglich mache, dann sei eine medikamentöse Therapie angezeigt.
Clarenbach betont, dass RLS zum ersten Mal bereits 1685 von Thomas Willis beschrieben worden sei. Auch Schriftsteller wie Thomas Mann schreiben zum Beispiel in der Erzählung »Tristan und Isolde« über Menschen mit »unruhigen Beinen«. Obwohl die Krankheit an sich jahrhundertelang bekannt sei, würden Menschen mit RLS bei »vielen Ärzten abblitzen«. Dabei, so betont Clarenbach, sei die Diagnostik nicht teuer. Die Therapie allerdings, aber: »Nur die Hälfte aller RLS-Patienten bedarf einer ständigen Behandlung.«

Artikel vom 13.10.2005