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Innovationen sind unsere einzige Chance

Die anwendungsbezogene Forschung basiert auf einer leistungsfähigen Grundlagenforschung

Von Prof. Dr.
Dieter Timmermann
Bielefeld (WB). Die Universität Bielefeld ist von ihren Ursprüngen her stark sozial- und geisteswissenschaftlich ausgelegt. Sie hat allerdings in den vergangenen 15 Jahren ihr naturwissenschaftlich-technisches Fundament deutlich erweitert.

In den Naturwissenschaften wird in erster Linie Grundlagenforschung betrieben. Das heißt, dass eine unmittelbare wirtschaftliche Verwertung ihrer Resultate in der Regel nicht das Forschungsinteresse leitet.
Vielmehr geht es hier um Fragen und Ergebnisse, die den Dingen auf den Grund gehen wollen und die im Kontext weiterer Forschungen von Bedeutung sind. Welche Forschungen der Wirtschaft und den Bürgern einmal unmittelbaren Nutzen bringen werden, ist zu Beginn eines Forschungsvorhabens nie genau absehbar.
Es besteht aber meistens die Chance, dass sie für praktische Anwendungen aufgegriffen werden können, und das häufig an Stellen, an denen vorher niemand damit gerechnet hat. Es hat sich gezeigt, dass eine von vornherein nur auf Anwendungen bezogene Forschung eine leistungsmindernde Verengung der Erkenntnisse bedeutet. Daran krankte zum Beispiel die Wissenschaft in der DDR: Zu einer dynamischen Gesellschaft gehört neben einer anwendungsbezogenen Forschung mit höchster Priorität auch eine von einseitigen und kurzfristigen Interessen freie Wissenschaft.
Das Produkt von Wissenschaft und Spitzenforschung und das leisten die Hochschulen in Ostwestfalen-Lippe - sind immer Innovationen in Form von neuen Erkenntnissen, auf die bei der Entwicklung neuer, auf dem Weltmarkt konkurrenzfähiger Produkte zurückgegriffen werden kann. Und Innovationen sind bekanntlich die einzige Chance für ein Hochlohnland wie Deutschland, im internationalen Wettbewerb zu bestehen und Arbeitsplätze nicht nur zu sichern, sondern auch zu schaffen.
Eine leistungsfähige anwendungsbezogene Forschung basiert also auf einer leistungsfähigen Grundlagenforschung, wobei beide Forschungstypen in den vergangenen Jahren immer mehr miteinander verwachsen. Zugleich spielen erfreulicherweise Berührungsängste zwischen Wissenschaft und Industrie längst keine Rolle mehr. Auch die Universität Bielefeld kooperiert inzwischen auf vielen Feldern mit Unternehmen und außer-universitären Organisationen sowohl in der Region wie auch überregional. Das bezieht sich auf Global Players zum Beispiel in der Robotertechnik oder in der Genomforschung, es bezieht sich aber auch auf die Kooperation mit den Industrie- und Handelskammern der Region, über die die zugehörigen Unternehmen sich beispielsweise über neueste Entwicklungen wie die Nanotechnik informieren können.
Forschung und Entwicklung als Standortfaktor für die Region sind aber nicht allein auf Naturwissenschaft und Technik beschränkt: Die Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld (die einzige ihrer Art in Deutschland) betreibt beispielsweise zahlreiche Kooperationen mit Einrichtungen der Gesundheitswirtschaft wie dem Johanneswerk oder den von Bodelschwinghschen Anstalten. Nicht von ungefähr wird ja von Ostwestfalen-Lippe als der Gesundheitsregion gesprochen. Und selbstverständlich sind Forschungen in Wirtschaftswissenschaften, Soziologie und Politikwissenschaft als Grundlage der Politikberatung oder in den Erziehungswissenschaften und Psychologie für ein leistungsfähiges Bildungssystem auch für die wirtschaftliche Entwicklung von herausragender Bedeutung.
Das gilt übrigens auch für die Geisteswissenschaften: Inzwischen ist sehr deutlich geworden, welch wichtige Rolle nicht nur die Sprachkompetenz für Erfolg im Welthandel spielt, sondern auch genaues Wissen über fremde Kulturen, etwa die der ostasiatischen Staaten. Und ganz generell: Nur eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung, wie sie die Hochschulen bieten, garantiert das hochqualifizierte Personal, das wir für eine prosperierende Wirtschaft brauchen! Die Universität Bielefeld - und das gilt ganz gewiss auch für unsere Nachbarhochschulen - betreibt intensive Kooperation mit Partnern aus der Praxis in vielen Forschungsfeldern, und sie ist an einer Erweiterung ihrer Praxiskontakte nachdrücklich interessiert.
www.uni-bielefeld.de

Artikel vom 22.10.2005