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Feste Größe in der Hochschullandschaft

Interview mit Prof. Dr. Gerhard Klippstein, dem Rektor der Fachhochschule des Mittelstands (FHM)

Bielefeld (WB). Die Fachhochschule des Mittelstands (FHM) wurde 2000 von der Stiftung Bildung und Handwerk, dem Westdeutschen Handwerkskammertag und den sieben Handwerkskammern des Landes Nordrhein-Westfalen als praxisorientierte Hochschule (University of Applied Sciences) als Hochschule der Wirtschaft, speziell der mittelständischen Wirtschaft, gegründet. Sie hat ihren Sitz in Bielefeld, verfügt aber auch über Institute im Kreis Lippe, im Kreis Herford und in China. Der Rektor der FHM, Prof. Dr. Gerhard Klipp-stein, beantwortet Fragen zur Arbeit der Fachhochschule.

Welche Kooperationen mit der Wirtschaft bestehen bereits? Welche sind geplant?Prof. Klippstein: Die FHM Bielefeld verfügt nicht nur über die genannten Verbindungen. So bestehen auch enge Kontakte zu den beiden Industrie- und Handelskammern, dem Wirtschaftsministerium NRW, der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (GfW) des Landes NRW, den kommunalen Stellen für Wirtschaftsförderung, aber natürlich auch zu vielen Unternehmen in Ostwestfalen-Lippe und in ganz Deutschland.

Welche Ideen und Ziele verbergen sich für die FHM Bielefeld dahinter?Prof. Klippstein: Die FHM Bielefeld hat sich von Anfang an (seit der Gründung durch Prof. Dr. Merk und Prof. Dr. Heyse) als Hochschule des Mittelstands für den Mittelstand verstanden, ohne deswegen andere Unternehmensgrößen und Branchen zu vernachlässigen. Insbesondere die in der Bundesrepublik einzigartige Verzahnung des Studiums der technischen BWL und der Meisterprüfung, aber auch die Schwerpunkte Existenzgründung und Unternehmensnachfolge sprechen für diese Ideen und Ziele.

Welche besonderen Schwerpunkte vertritt die FHM Bielefeld in der Zusammenarbeit mit Unternehmen?Prof. Klippstein: Das Studium an der FHM Bielefeld ist von Anfang an auf die Zusammenarbeit mit Unternehmen ausgerichtet gewesen. Das Studium in der Praxis, das insgesamt zwei der neun Studientrimester umfasst, geht von einer solchen Zusammenarbeit mit Unternehmen aus. Dadurch ist ein großes Netzwerk entstanden. Daneben ist das Institut für Wissenschaftliche Weiterbildung (IWW) an der FHM ein Markenzeichen für die Zusammenarbeit der Unternehmen mit der FHM Bielefeld.

Welche Auswirkungen hat das auf die Arbeitsmarktentwicklung der Region?Prof. Klippstein: Es bedarf keines weiteren Beweises, dass die FHM Bielefeld dadurch den Arbeitsmarkt in der Region positiv beeinflusst. Es werden nicht nur junge Studierende aus der Region für den Arbeitsmarkt neu qualifiziert oder fort- und weitergebildet, sondern die FHM Bielefeld hat in den fünf Jahren ihres Bestehens junge Menschen aus anderen Bundesländer Deutschlands und aus ganz Europas wegen ihres speziellen Studienangebots für Ostwestfalen-Lippe interessiert und damit die Region bereichert.

Welche Rolle spielen Hochschulen, insbesondere die FHM Bielefeld, für OWL als Wirtschaftsstandort?Prof. Klippstein: Der Wirtschaftsstandort Ostwestfalen-Lippe verfügt nicht nur über eine hohe Wirtschaftskraft in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland, sondern auch über eine hohe Hochschuldichte. Das Angebot an staatlichen Universitäten, an staatlichen und privaten Fachhochschulen ist sowohl quantitativ als auch qualitativ außergewöhnlich gut.
Dieser Zusammenhang zwischen Hochschulangebot und wirtschaftlicher Leistungskraft ist kausal. Nicht ohne Grund werden wir wegen dieser Fülle an Hochschuleinrichtungen von anderen Regionen beneidet. Die Tatsache, dass es in diesen »unterversorgten Regionen« deshalb eine Nachfrage nach Hochschulgründungen gibt, zeigt das Beispiel der Neugründung einer privaten Fachhochschule in Hamm.

Wie wichtig ist Forschung und Entwicklung für die FHM Bielefeld, für die regionale Wirtschaft, für den Standort?Prof. Klippstein: Man muss nicht das Hochschulgesetz bemühen um festzustellen, dass neben der Lehre die Forschung (und damit auch die Entwicklung) eine Pflichtaufgabe einer Hochschule, speziell einer Fachhochschule darstellt, die in der englischen Bezeichnung noch treffender als University of Applied Sciences bezeichnet wird. Mittelstandsforschung im Allgemeinen, aber auch Existenzgründungsforschung und Unternehmensnachfolgeforschung sind ein Markenzeichen der FHM Bielefeld. Die bereits erwähnte Zusammenarbeit mit den verschiedenen Wirtschaftsförderungseinrichtungen im Lande NRW hat gerade im letzten Monat neue Ergebnisse erbracht, die gerade publiziert werden.

Wie betreibt die Fachhochschule des Mittelstands Wissenstransfer?Prof. Klippstein: Der Wissenstransfer erfolgt in der FHM Bielefeld natürlich über das originäre Studium, über die bereits genannten Institute in Lippe, Herford und China, über das Institut für wissenschaftliche Weiterbildung, über Tagungen und Kongresse, über gemeinsame Projekte mit Unternehmen - stellvertretend seien hier die Bereiche Gesundheitswirtschaft und E-learning genannt. Verbundprojekte mit Unternehmen aus der Region unter Beteiligung Dritter haben zu herausragenden Ergebnissen geführt.

Welche politischen Rahmenbedingungen wünscht sich die FHM Bielefeld?Prof. Klippstein: Die FHM ist dankbar für die guten Möglichkeiten, die seit Jahren das Hochschulrecht in unserem Lande Nordrhein-Westfalen bietet. Wir treten ein für einen fairen Leistungswettbewerb zwischen den staatlichen und den privaten Hochschulen in Deutschland, aber auch für einen fairen Wettbewerb mit ausländischen Hochschulen. Der Staat sollte sich dabei darauf beschränken, die Rahmenbedingungen zu setzen und zu überwachen, nicht aber im Sinne von Reglementierung in die Autonomie der Hochschulen einzugreifen.

Artikel vom 22.10.2005