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Machtmenschen hinter
Masken regieren uns

Uraufführung: Uwe Bautz' »Politiker« im TAMzwei

Bielefeld (WB/mzh). Nach erfolgreichen Aufführungen seiner Stücke auf deutschen und österreichischen Bühnen hat Uwe Bautz nun auch einen Text für Bielefeld geschrieben: »Politiker. Redetraining für Visionäre« wird an diesem Sonntag, 19.30 Uhr, im TAMzwei (ehemals TAMoben) uraufgeführt.

Was auch immer Guido Westerwelle politisch bewirken mag - als Ideengeber für das Theater taugt der FDP-Frontmann allemal: »Sein Wahlkampfauftritt im Biene-Maja-Kostüm hat uns inspiriert, die Politik auch im Tierkostüm auf die Bühne zu stellen«, sagen der Autor und Kostümbildnerin Hildegard Altmeyer.
Der surreal anmutende, aber eben doch aus dem Leben gegriffene Einfall illustriert einen Grundzug der Inszenierung: den Politiker hinter der Maske. Wie lässt man so einen Parteisoldaten privat aussehen? »Der Privatmensch hinter dem eigenständig und durch die Medien inszenierten Image des Politikers interessiert mich brennend«, sagt der Autor und geschäftsführende Dramaturg Uwe Bautz. »Immerhin ist das Theater von politischen Entscheidungen abhängig - da will ich wissen, mit wem ich es zu tun habe.«
Bautz sicherste Vermutung: mit Machtstrebern. »Auf lokaler Ebene noch viel stärker als in der großen Politik - überraschenderweise.« Um mehr zu erfahren, trat Bautz mit Bielefelder Soziologiestudenten in Kontakt, die anonymisierte Interviews mit Politikern führten, die Bautz wiederum zu einem Stück gestaltete. Aber weil die Aussagen der Befragten einander »erschreckend« (Bautz) glichen, konnten die Interviews nur zu 30 Prozent in das Stück einfließen. Der Rest ist Fiktion.
Humorvolle Fiktion, »denn ich finde, Theater sollte auch Unterhaltung sein«, meint Bautz. Die Kooperation mit der Uni begann vor mehr als einem Jahr, nach der Lektüre der Interviews und weiterer Texte (Zeitung, Zeitschrift) schrieb er in sechs Wochen im Sommer die »Rohfassung«, geprobt wird seit gut drei Wochen. Aber unter dem Eindruck der Ereignisse - vorgezogene Wahlen am 18. September, Nachwahlen in Dresden -Ê verändert sich das Stück ständig, auch jetzt noch, auch in der Schlussphase.
Bautz hat seine »Politiker« als Textfläche konzipiert: Rollen und Figuren, aber auch alle Dialogformen sind aufgelöst, fünf Schauspieler -Ê Ines Buchmann, Max Grashof, Nicole Paul und die Ensemble-Neulinge Ulrike Müller und John Wesley Zimmermann -Ê untersuchen den Text mit den Mitteln des Theaters, loten Selbstdarstellung und Selbstbilder aus. »Keine Elefantenrunde wird hier auf die Bühne gehoben, auch keine Talkshow - wir montieren Selbstauskünfte«, kündigt Bautz an.
Die Bielefelder Inszenierung soll zwischen zwei Polen changieren: hier der Visionär einer besseren Welt, dort der Guido im Bienenmäntelchen. Mittendrin: Sätze, die von Machtstreben und Eitelkeit angetrieben werden, ehrliche Überzeugungen (ja! gibt es auch!) und private Emotionen.
Die nächsten Aufführungen von »Politiker«: 20./21. 23. und 28. bis 30. Oktober. Weitere Vorstellungen sind geplant.

Artikel vom 13.10.2005