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Nachtragsetat und Steuerreform

Marschroute der Union für die Koalitionsgespräche - Personalien unklar

Berlin (dpa). Die Union will in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD einen Nachtragshaushalt, eine Steuerreform und Änderungen am Arbeitsmarkt durchsetzen.

Die Gespräche zur Konsolidierung des Haushalts seien ein schwerer Brocken, sagte CDU-Generalsekretär Volker Kauder am Freitag nach einer Präsidiumssitzung in Berlin. »Das wird kein leichter Waldspaziergang.« Der scheidende Finanzminister Hans Eichel (SPD) lehnt einen Nachtragsetat ab. Der Erfolg einer großen Koalition wird laut Kauder an der Schaffung neuer Arbeitsplätze gemessen. Diese Ziele sollten bereits beim ersten Treffen am Montag zur Sprache kommen.
Wer für die Union ins Kabinett der designierten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geht, blieb offiziell weiterhin offen. Mehrere Präsidiumsmitglieder betonten, dass die CDU-Chefin über die Posten letztlich allein entscheide. Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) meinte: »Es ist noch einiges im Fluss.« Ähnlich äußerte sich der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). Nach Angaben Wulffs wird in jedem Fall ein niedersächsisches CDU- Mitglied der Regierung angehören.
Bislang galt als sehr wahrscheinlich, dass die niedersächsische Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Merkels Kabinett berufen wird. Intern gibt es auch Druck, den Außenexperten Friedbert Pflüger zum Verteidigungsminister zu machen. Für diesen Posten sind aber auch Hessens CDU-Landtagsfraktionschef Franz-Josef Jung und Ex-Parteichef Wolfgang Schäuble im Gespräch. Schäuble könnte allerdings auch Innenminister werden.
Ein Wechsel des bayerischen Innenministers Günther Beckstein (CSU) nach Berlin wird in der CSU-Spitze zunehmend für unwahrscheinlich gehalten. Dafür hat der frühere Gesundheitsminister Horst Seehofer beste Chancen, den zweiten Platz der CSU am Kabinettstisch zu ergattern - auch wenn es gegen den Parteivize in den eigenen Reihen erhebliche Widerstände gibt. »Wenn Illoyalität so belohnt wird, macht das in Zukunft Schule«, schäumte ein Abgeordneter.
Mit Blick auf die bisherige baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan sagte Oettinger, sie werde »mit Sicherheit« in einer Regierung dabei sein. Dies könnte aber auch bedeuten, dass sie nicht Bildungsministerin, sondern Staatsministerin für Kultur wird.
Die Forderungen der Union aus ihrem Wahlprogramm gelten laut Kauder weiter. Die Union verlangt eine Mehrwertsteuererhöhung, beharrt aber nicht mehr darauf. »Wir haben unseren Vorschlag, mit dem gehen wir in die Verhandlungen hinein und sehen, was wir tun können«, betonte Kauder. CDU-Vize Christoph Böhr sagte, es sei offener denn je, ob es zu einer Mehrwertsteuererhöhung komme.
Kauder hält die Konsolidierung des Bundeshaushalts für entscheidend. Die Kriterien für den Euro-Stabilitätspakt müssten eingehalten werden. Das Ziel einer Unternehmensteuerreform sei nicht die Senkung von Steuersätzen, sondern die Gleichbehandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften, was auch den Mittelstand entlaste. Ein weiterer Punkt sei die Reform der Sozialsysteme.
Für den Aufbau Ost will die Union eine Koordinierungsstelle einrichten. Wo diese Koordinierung stattfinde, ob im Kanzleramt oder im von der SPD geführten Verkehrsministerium, sei noch unklar, sagte Kauder.

Artikel vom 15.10.2005