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Überlebenskampf im Eis

»Die Reise der Pinguine« - ein faszinierender Dokumentarfilm


Eine französische Dokumentation erobert Amerika - zu Recht. Denn dieser Tierfilm hat mehr echte Dramatik und Emotion zu bieten als die meisten Hollywood-Produkte.
Das Kino kennt viele unwahrscheinliche Helden. Dass eines Tages ausgerechnet Kaiserpinguine dazu gehören würden, war trotzdem nicht zu erwarten. Doch Luc Jacquets »Reise der Pinguine« zeigt, warum diese scheinbar so drollige Spezies zu ähnlich heroischen Taten fähig ist wie all die Hobbits und Supermänner. Die Tierdoku steht an Spannung einem Actiondrama in nichts nach.
Am lebensfeindlichsten Ort der Erde, in der Antarktis, spielt sich alljährlich ein Drama ab. Wie jede klassische Geschichte gliedert es sich in mehrere Akte: Am Anfang verlassen die tierischen Protagonisten ihren Schutzraum im Ozean und begeben sich auf einen Gewaltmarsch zu ihren Brutplätzen.
Obwohl sich die eisige Umgebung ständig verformt, finden die Pinguine doch in ihr gewohntes Gebiet zurück - eine Leistung, die der Wissenschaft noch heute Rätsel aufgibt. Es folgt ein romantisches Zwischenspiel: die Paarungszeit, in der sich die Tiere nur von Luft und Liebe bzw. von Schnee ernähren. Zum Abschluss dieser Phase gegen Ende Mai legt jedes Weibchen ein einziges Ei.
Doch die wahren Prüfungen beginnen erst jetzt. Die weiblichen Tiere übergeben den potenziellen Nachwuchs an die Herren - ein gefährlicher Akt, weil das Ei nur wenige Sekunden der Kälte ausgesetzt sein darf. Danach ziehen die Weibchen zurück an die Küste, um Nahrung aufzunehmen und sich zu erholen. Doch hier wird mancher Vogel ein Opfer der Meeresräuber. Die Männchen dagegen harren hungernd im arktischen Winter aus, sie trotzen peitschenden Schneestürmen und Temperaturen von bis zu minus 40 Grad.
Selbst die Geburt der Küken bedeutet noch keine Erlösung, denn bis zur Rückkehr der Mütter dauert es noch mal zwei Monate. Und so putzig die Kleinen auch wirken, immer wieder sind sie den Angriffen von Raubvögeln ausgesetzt. Die Familienzusammenführung nach Ankunft der Weibchen ist nur von kurzer Dauer, denn jetzt brechen die halbverhungerten Männchen zum Ozean auf.

Artikel vom 13.10.2005