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»Die WM ist zum Glück erst
im Sommer«

Kritik der Liga-Manager wird schärfer

München (dpa). Scharfe Schüsse aus der Heimat: Während sich Jürgen Klinsmann in seiner Wahl-Heimat Kalifornien vom Länderspiel-Stress erholt, bringen sich in Deutschland seine Kritiker weiter in Stellung.
Nach dem geplatzten kurzfristigen Gipfeltreffen des Bundestrainers mit den Managern der Bundesligaclubs schlugen die Proficlubs zwei Tage nach dem mühevollen 1:0 der Nationalmannschaft gegen China am Freitag Alarm. »Die WM ist zum Glück erst im Sommer. Aber natürlich haben wir derzeit alle ein bisschen Sorge«, sagte Hertha-Manager Dieter Hoeneß. Ins Zentrum der Kritik gerät dabei vor allem immer mehr Klinsmanns US-Wohnsitz.
Der akute Gesprächsbedarf zwischen den Proficlubs und Klinsmann soll unbedingt bei seinem nächsten Deutschland-Aufenthalt Ende Oktober nachgeholt werden. Klinsmann flog bereits am Donnerstagmorgen zurück in die USA. Der Bundestrainer wollte seine Reisepläne auch nicht ändern, um in der momentan kritischen Situation am Samstag beim Bundesliga-Gipfel zwischen Schalke 04 und Bayern München vor Ort zu sein, wo er neben der Beobachtung mehrerer Nationalspieler auch im Gespräch mit den Club-Managern Rudi Assauer und Uli Hoeneß sowie den Trainern Ralf Rangnick und Felix Magath einige Wogen hätte glätten können.
»Man kann sich fragen, warum er nicht erst am Sonntag nach dem Spiel zurückfliegt«, monierte Schalke-Coach Rangnick. Klinsmann schickt seinen Assistenten Joachim Löw nach Gelsenkirchen.
Aus den USA meldete Klinsmann sich jetzt und fordert zur Sachlichkeit auf. »Wenn es Gesprächsbedarf gibt, sollten wir das erst einmal inhaltlich aufarbeiten.« Die Diskussion um seinen Wohnort würde sich im populistischen Bereich bewegen. Er sei durchaus bereit gewesen, seine Rückreise in die USA zu verschieben. Aber am Donnerstag sei ein Gipfeltreffen nicht zu Stande gekommen, weil ein wichtiger Manager nicht dabei sein konnte.
Das konsequente Festhalten an seinen Zeit- und Reiseplänen hat ihn jedenfalls in der sehr emotional geführten Debatte um seinen Hauptwohnsitz USA (»Die Arbeit ist für mich ideal in dieser Form«) in der aktuellen Situation besonders angreifbar gemacht.
»Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man selber Opfer bringt, wenn man doch ständig von allen anderen Opfer verlangt. Es geht doch darum, dass der Bundestrainer hier vor Ort präsent ist«, monierte Dieter Hoeneß. Der Hertha-Manager benannte neben der anhaltenden Wohnsitz-Diskussion drei weitere »unnötige Reibungspunkte«: Die Fitness-Debatte, einen fehlenden Kern von Stammspielern sowie die »völlig überflüssige Diskussion um die Nummer eins«.
Wegen der Torwart-Rotation fehlt Oliver Kahn beim nächsten Länderspiel am 12. November gegen Frankreich nicht nur als Spieler, sondern auch als Führungsfigur. In Paris soll Jens Lehmann wieder im Tor stehen.

Artikel vom 15.10.2005