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Schröder vor dem Rückzug

Erste öffentliche Erklärung - Haushalt entzweit Union und SPD

Berlin (dpa). Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat erstmals indirekt seinen Verzicht auf ein weiteres Regierungsamt erklärt.
Von der Union als Bundestagspräsident nominiert: Norbert Lammert.

Mit Blick auf die am Montag beginnenden Koalitionsgespräche mit der Union sagte Schröder gestern bei einem Kongress in Berlin: »Ich werde daran mitarbeiten, dass das gut wird.« Er ergänzte: »So verstehe ich die Aufgaben, die man auch dann noch hat, wenn man der nächsten Regierung nicht mehr angehört.«
Er wolle mithelfen, dass der von ihm begonnene Reformprozess in einer schwarz-roten Regierung vorangebracht werde, sagte Schröder. Er habe den Wunsch zu helfen, »dass wir den Aufbruch hinkriegen - am liebsten in einem anderen Amt, aber das ist nun mal nicht so«.
Der Bundeskanzler betonte, die Ergebnisse des Jobgipfels müssten umgesetzt werden. Insbesondere sollten die Erbschaftssteuern bei Unternehmensübergaben in der Familie reformiert werden. Rückblickend auf seine Regierungszeit sagte er: »Ich nehme für mich in Anspruch, dass wir die Weichen in die richtige Richtung gestellt haben.« Nun müssten andere daran arbeiten, dass der Zug über diese Weichen in die richtige Richtung fährt.
Die Unionsfraktion nominierte den CDU-Politiker Norbert Lammert einstimmig als neuen Bundestagspräsidenten. Er soll in der ersten Sitzung des neuen Parlaments am 18. Oktober gewählt und damit Nachfolger von Wolfgang Thierse (SPD) werden.
Vor Beginn der Verhandlungen über eine große Koalition am nächsten Montag sind Union und SPD inhaltlich und personell noch weit auseinander. Zankapfel von Union und SPD war die Haushaltspolitik. CSU-Chef Edmund Stoiber forderte angesichts zusätzlicher Milliardenlöcher im Bundeshaushalt die Vorlage eines Nachtragsetats. Finanzminister Hans Eichel (SPD) lehnte dies erneut ab. Eichel will die Lücken vor allem mit Kreditermächtigungen aus den Vorjahren stopfen. Diese haben sich inzwischen auf 19 Milliarden Euro summiert. Bei den Staatsfinanzen klafft eine Lücke von mehr als 50 Milliarden Euro.
Stoiber vertrat die Ansicht, Merkel habe als Kanzlerin einer großen Koalition eine eingeschränkte Richtlinienkompetenz. In einem Bündnis von zwei fast gleich großen Partnern gebe es kein »klassisches Direktions- und Weisungsrecht«, sagte er. Seiten 4 und 6

Artikel vom 12.10.2005