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Rentner ausgenutzt
und Geschenke kassiert

Verfahren wegen Betruges eingestellt

Bielefeld (uko). Weil sie über Jahre hinweg einen vermögenden Rentner um erhebliche Bargeldbeträge gebracht haben soll, musste sich eine 46-jährige Frau vor dem Amtsgericht verantworten.

Den Vorwurf des Betruges indes wies die Arbeiterin Renate S. (Name geändert) zurück, sie habe das Geld nach Erhalt einer Schmerzensgeldzahlung zurückzahlen wollen. Der Prozess wurde eingestellt.
Als im Treppenhaus ihres Wohnhauses am 5. März 1998 die Beleuchtung ausfiel, will die Bielefelderin schwer gestürzt sein und sich eine komplizierte Verletzung des rechten Kniegelenks zugezogen haben. Allerdings suchte sie erst ein Jahr später Rechtsanwalt Philip Ohletz auf und beauftragte den Juristen mit der Wahrung ihrer Interessen mit einer Klage gegen den Vermieter ihrer Wohnung.
Das späte Erscheinen habe auch ihn verwundert, sagte der Rechtsanwalt gestern als Zeuge, S. habe das mit diversen Behandlungen begründet.
Während der nächsten Jahre zog sich das Zivilverfahren vor dem Landgericht Bielefeld auch deshalb in die Länge, weil Renate S. keinen Zeugen für den Unfall beibringen konnte. Ohletz hatte seinerzeit mehrfach auf schlechte Erfolgsaussichten hingewiesen. Die Erwartungen der Frau, sie hoffe auf Schadensersatz und Schmzerzensgeld in Höhe von 50 000 Mark, bezeichnete der Jurist auch gestern noch als »absurd«. Das Landgericht wies die Klage im November 2001 ab.
Indes hatte Renate S. in den Jahren 1999 bis November 2001 mehrfach Geldbeträge von einem Bielefelder Rentner erhalten. Fast 30 000 Mark habe sie auch aus der zu erwartenden Klagesumme zurückzahlen wollen, soll sie dem Mann suggeriert haben. Dafür stundete der Rentner ihr die Mietzahlungen, er gab ihr zudem angeblich Geld für die Behandlungskosten und machte »Geschenke«.
Problematisch an dem Fall: Die Anzeige gegen Renate S. war von den nächsten Angehörigen des mutmaßlichen Opfers erstattet worden. Der Rentner war im März 2002 nach einem Oberschenkelhalsbruch gestorben, hatte im Zuge der Ermittlungen niemals Angaben zu dem Fall gemacht.
Renate S. bestritt auch gestern vor dem Amtsgericht Bielefeld die Vorwürfe nachhaltig. Sie habe keine Betrugsabsicht gehabt. Amtsrichterin Monika Wienand stellte das Verfahren schließlich mit Zustimmung von Staatsanwaltschaft und Verteidigung ein. Renate S. habe »die Gutgläubigkeit« des Rentners wohl »arg strapaziert«. Wienand: »Ich denke, sie haben den Richtigen erwischt, mit dem sie das machen konnten.«

Artikel vom 12.10.2005