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SPD-Abgeordnete im Visier

Korruptionsaffäre bei Volkswagen zieht immer größere Kreise

Braunschweig/Wolfsburg (Reuters/dpa). Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat ihre Ermittlungen in der Affäre um angebliche Begünstigungen des Betriebsrates und Korruption bei Volkswagen auf zwei SPD-Abgeordnete ausgeweitet.

Gegen den niedersächsischen Landtagsabgeordneten Günther Lenz und den Wolfsburger Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Uhl bestehe der Anfangsverdacht der Beihilfe zur Untreue, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Joachim Geyer. Hintergrund seien unrechtmäßige Begünstigungen des Betriebsrates. Die Vernehmung des entlassenen VW-Personalmanagers Klaus-Joachim Gebauer am Donnerstag habe die Ausweitung der Ermittlungen ausgelöst.
Gegen Gebauer ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs. Er soll zusammen mit dem früheren Personalvorstand der VW-Tochter Skoda, Helmuth Schuster, ein Netz von Tarnfirmen in mehreren Ländern aufgebaut haben, um sich auf Kosten des Konzerns zu bereichern. Gebauer war Bindeglied des Managements zum Betriebsrat. Über ihn wurden Spesen abgerechnet. Die Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht nach, dass Betriebsräte durch Spesen und Reisen unrechtmäßig begünstigt wurden.
Der Abgeordnete Lenz ist Betriebsratschef des VW-Werkes in Hannover, Uhl war Geschäftsführer des VW-Gesamtbetriebsrates. Unterdessen kam gestern der VW-Aufsichtsrat in Wolfsburg zu einer Sondersitzung zusammen, um sich über den Einstieg von Porsche bei VW informieren zu lassen.
Eine Entscheidung über die Person von Chefaufseher Ferdinand Piëch fiel nicht. Porsche-Enkel Piëch war in den vergangenen Tagen wegen seiner Doppelfunktion bei VW und als Miteigentümer bei dem Stuttgarter Sportwagenhersteller ins Gerede gekommen.
Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der zu den heftigsten Kritikern dieser Verbindung gehört, sagte vor Beginn der Sitzung, das Thema müsse besprochen werden. Alle Aktionäre müssten gleich und fair behandelt werden. Er selbst habe eine Begutachtung beantragt. Wulff sieht einen Interessenkonflikt bei Piëch, der als Großaktionär auch bei Porsche im Aufsichtsrat sitzt. VW brauche einen Aufsichtsrat, der die Interessen des Konzerns vertritt, und die seien nicht zwangsläufig die gleichen wie die von Porsche.
Ein »Putsch« gegen Piëch gilt aber als weitgehend chancenlos, weil sich die Arbeitnehmerseite hinter ihn gestellt hat.

Artikel vom 11.10.2005