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DSC-Stehaufmännchen: Marco Küntzel.

Arminias ewiger Notnagel

Marco Küntzel kämpft gegen einen unpassenden Ruf

Von Hans Peter Tipp
Bielefeld (WB). Er ist bestimmt nicht der erfolgreichste Profi des DSC Arminia. Aber mit Sicherheit ist Marco Küntzel einer der ehrlichsten, die je in Bielefeld dem Fußball hinterhergestürmt sind. Unter den Fans bleiben die Meinungen jedoch geteilt: Gelobt wird der beispielhafte Einsatzwille, bemängelt die Abschlussschwäche.

Selbst nach einem 25-Sekunden-Blitztor wie am Wochenende beim Testspiel in Gütersloh fühlen sich die Nörgler wieder bestätigt, wenn der Bundesligaspieler -Êwie in der 30. Minute - freistehend solange den Torwart umdribbelt, bis ein Verteidiger herbeieilt und die Situation bereinigt. Dann wird auf der Tribüne wieder geraunt: »Normalform«.
Marco Küntzel, der große Kämpfer, ist es eigentlich leid, gegen diesen unpassenden Ruf anzukämpfen. »Das lässt mich mittlerweile kalt. Die wahren Fans stehen hinter mir«, sagt er, weil er, der viel Kritisierte, gerade in schwierigen Situationen in Bielefeld viel Aufmunterung und Rückendeckung erhalten hat.
Und knifflig war es für den gebürtigen Mecklenburger oft genug in Ostwestfalen: Ganz am Anfang machte der damalige Trainer Benno Möhlmann Küntzel zum Synonym der Bielefelder Stürmerkrise, als er »zwei oder drei neue Stürmer forderte«. Oder vor ziemlich genau zwei Jahren in Bochum, als Küntzel gegen den höhnischen Beifall der eigenen Fans anlief. Zuletzt warfen ihn Verletzungen aus dem Team: Wie im Herbst 2004 musste Küntzel jetzt wegen eines Muskelfaserrisses mehrere Wochen lang pausieren.
Doch der Stürmer, der vor der Saison einen angebotenen Zweijahresvertrag ausschlug (»Ich wollte erst mal sehen, wie sich alles entwickelt. Auf keinen Fall wollte ich meine Zeit hier absitzen«), kämpfte sich natürlich wieder heran.
Das jüngste Comeback des 29-Jährigen in Leverkusen verlief sogar besonders beeindruckend. Küntzel ackerte, solange die Kräfte reichten, und gab damit der Mannschaft genau das, was mit der Verletzung von Rüdiger Kauf ein wenig verloren gegangen war: Einsatz, Wille und die Bereitschaft, auch mal einen Extra-Meter für den Mitspieler zurückzulegen.
Im Trainingslager ging es nun darum, das Durchhaltevermögen weiter zu steigern. »Es war wichtig für mich, Kraft zu tanken und die nötige Fitness zu holen«, sagte Küntzel, der in der 2. Liga für Arminia 34 Spiele absolvierte, im Oberhaus oft ganz nah dran, doch nur selten richtig drin war in der ersten Elf - ein ewiger Notnagel eben. All das beklagt er nicht, sondern stellt nüchtern fest: »Es wird einem nichts geschenkt in der Bundesliga. Man muss sich die Spielminuten immer erarbeiten.«
Deshalb ist sein Wunsch nach einer längeren verletzungsfreien Zeit verständlich. Vielleicht findet er dann doch noch seinen festen Platz im DSC-Erstligateam.

Artikel vom 11.10.2005