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Köhler würdigt die Bundeswehr

Bundespräsident wünscht breitere Debatte über die Sicherheitspolitik

Bonn (dpa). Bundespräsident Horst Köhler hat bei der 40. Kommandeurtagung in Bonn eine breitere gesellschaftliche Debatte über die Sicherheitspolitik gefordert. Die Aufgaben der Bundeswehr seien zu wenig in der gesellschaftlichen Debatte verankert.

»Der Deutsche Bundestag stimmte mehr als 40 Mal dem Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland zu; aber die Deutschen wirken von all dem kaum berührt oder gar beeindruckt«, sagte Köhler gestern zu Beginn der Veranstaltung. Das 50-jährige Bestehen der Bundeswehr steht im Mittelpunkt des diesjährigen Treffens der ranghohen Vertreter des Militärs.
Köhler wünscht sich eine Debatte mit klaren Analysen, welche deutschen Interessen es zu schützen und zu fördern gilt. Dabei seien besonders der Bundestag, die Bundesregierung und die Parteien gefragt. Zudem müsse Deutschland seine Ziele in Bündnissen und Koalitionen verfolgen. Das sei auch deshalb unverzichtbar, weil die supra- und internationalen Organisationen eine immer wichtigere Rolle spielten. »Umso mehr sollten wir allerdings prüfen, wie sich in diesen Organisationen die deutschen Belange bestmöglich vertreten lassen«, sagte der Bundespräsident. Deutschland brauche eine Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik die »agiert statt reagiert«.
Die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen können nach Meinung des Bundespräsidenten auch politische Umstrukturierungen mit sich bringen. »Was spricht zum Beispiel gegen einen neuen, Ressort übergreifenden Ausschuss des Deutschen Bundestages für Sicherheitspolitik?«, fragte Köhler in Hinblick auf das neu gewählte Parlament.
Köhler würdigte die Leistungen der deutschen Soldaten. »Die Bundeswehr leistet seit fünf Jahrzehnten einen unschätzbaren Dienst für die Freiheit und die Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland.« Bei ihrer Gründung 1955 habe sich noch die Frage gestellt, ob die junge Demokratie durch eine Armee gefährdet würde, oder eine Bundeswehr ihre automatische Ergänzung sei. Schließlich habe sich aber die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Bundesrepublik fähig sein müsse, sich zu verteidigen, sagte der Bundespräsident.
Der Generalinspekteur lädt alle zwei bis drei Jahre die hohen Offiziere der Bundeswehr zu Kommandeurtagungen an wechselnden Orten ein. Bis 1995 waren es jährliche Konferenzen. Die erste Tagung wurde 1957 in Bonn veranstaltet. Zur jetzigen 40. Kommandeurtagung haben sich die 400 ranghohen Vertreter des Militärs wieder in Bonn versammelt - 50 Jahre nach Gründung der Bundeswehr. Die zweitägige Veranstaltung wird von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan geleitet. Der 59-Jährige Familienvater ist seit drei Jahren der oberste Soldat der Bundeswehr.
Zu den Teilnehmern gehören alle Generale und Admirale sowie Kommandeure und Dienststellenleiter ab Brigade- beziehungsweise Regimentsebene und die Präsidenten der Bundeswehrverwaltung. Das Motto der Tagung lautet »Entschieden für Frieden - 50 Jahre Bundeswehr«. Seit der Wiedervereinigung und dem Ende des Kalten Krieges wurden die Streitkräfte stark umgewandelt. Die Landesverteidigung hat nicht mehr oberste Priorität. Jetzt stehen friedensstiftende und friedenserhaltende Auslandseinsätze im Vordergrund.

Artikel vom 11.10.2005