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Auch die »Stasi«
fotografierte gern

Exotisches belebt die Kamerabörse

Von Gerhard Hülsegge
(Text und Foto)
Bielefeld (WB). Mit rund 200 Besuchern hat die Kamerabörse vergangenen Samstag in der Ravensberger Spinnerei ihr »Soll« nicht erfüllt. »Sonst kommen mindestens doppelt so viele«, konstatierte Veranstalter Heinfried Schmidt aus Hamburg. Er will sie deshalb nur noch zweimal jährlich, im März und Dezember, in Bielefeld anbieten.

Dabei konnte sich das Angebot durchaus sehen lassen. Immerhin 30 Aussteller präsentierten an die 6000 Artikel. Darunter Amateurkameras, Beamer, Camcorder, Studiokameras, Profiausrüstungen, Blitze, Teleskope, Projektoren, Stative und jede Menge mehr. Dabei wurden zu 90 Prozent immer noch Analog-Geräte feilgeboten, auch wenn die digitale Fotografie landauf, landab auf der Vormarsch ist. Für Liebhaber hat die noch mit Filmröllchen zu bestückende Nikon immer noch ihren Reiz. Wer wollte, konnte aber auch das Foto-Handy Samstag günstig erwerben.
Das Angebot reichte von der Aqua-Klick für zwei Euro über die japanische »Steky«-Mini-Kamera aus den Fünfzigerjahren (für 16-Millimeter-Film) und die Leica für 1000 Euro bis zu diversen »Exoten«, wie sie Jürgen Albrecht darbot. Der 55-jährige Rentner aus Berlin war unter anderem mit einer Stasi-Praktica SR 899 angereist. Sie waren einst in einer Auflage von nur 100 Stück für den Staatssicherheitsdienst in der ehemaligen DDR hergestellt worden, um den »Klassenfeind« auszuspionieren. Auf die 17 Meter-Filmkassette passen immer noch 450 Bilder, dazu gehört eine komplexe Steuereinheit mit elektronischem Auslöser, Interwall-Automatik, einem feststehenden Spiegel hinter dem Objektiv, der nicht anschlägt sowie einem Winder (Motor), der so leise arbeitet, dass das Objekt der Späher-Begierde es nicht merken sollte, wenn heimlich und hinterrücks von ihm Fotos »geschossen« wurden.
»Das hätten die Stasi-Leute von Nikon oder Canon zwar billiger haben können«, meinte Albrecht. Offenbar hatten sie aber auch ihren Stolz. Und gerade weil es keinen Marktpreis für diese Geräte gab, sind heute bis zu 500 Euro wert. Mit Objektiv und Magazin stellen sie gar einen Sammlerwert von bis zu 3000 Euro dar.
Dass sich die Käufer am Teuto zurückhielten, nahm der Mann von der Spree mit Humor: »Bielefeld scheint mir eine Hafenstadt zu sein«, so Albrcht, »es gibt so viele Sehleute«. Andreas Rothaus (29) gehörte nicht dazu. »Ich habe einen Drahtauslöser für fünf Euro erstanden«, freute sich der Student und Hobbyfotograf und zahlte die vier Euro Eintritt gern. Kamera-Besitzer konnten ihre »Schätzchen« am Samstag übrigens auch kostenlos schätzen lassen. Die nächste Börse findet Samstag, 3. Dezember, in der Raspi statt.

Artikel vom 10.10.2005