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Clement möchte
Autobahn-Netz
gern verkaufen

Politiker-Pläne für eine Pkw-Maut

Berlin (dpa). Gegen Pläne der Länderverkehrsminister für eine Pkw-Maut haben der Verband der Automobilindustrie (VDA), der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC), der Automobilclub von Deutschland (AvD) und der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) scharf protestiert.
Vorbild für andere: An der ersten Mautstation Deutschlands halten in Rostock die Fahrzeuge nach der Passage des Warnowtunnels. Foto: dpa

»Autofahren darf nicht teurer werden«, warnte der HDE-Sprecher Hubertus Pellengahr gestern. Das schränke die Konsumbereitschaft der Menschen weiter ein. Auch der ADAC kritisierte die Pläne: »Der Autofahrer ist belastet genug über Steuern und Benzinpreise.« Das Ganze erwecke den Verdacht, dass es nur um einen weiteren Versuch gehe, beim Autofahrer abzukassieren, hieß es beim VDA. Eine Autobahn-Vignette führe weder zu einer Änderung des Fahrverhaltens noch zu einer Entflechtung des Verkehrs, kritisierte der AvD.
Bundesverkehrsminister Manfed Stolpe (SPD) hatte eine Pkw-Maut in der Vergangenheit stets abgelehnt. Er warnte: »Eine Pkw-Maut würde 800 000 Menschen treffen, die aus beruflichen Gründen jeden Tag lange Strecken pendeln.«
Jetzt wird Stolpe mit den Länder-Verkehrsministern am Mittwoch und Donnerstag in Rostock über die Pkw-Maut beraten müssen. Der Ministerkonferenz liegt die Empfehlung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Führung von Baden-Württemberg vor. Demnach soll die Jahresvignette 100 Euro kosten. Daneben soll es auch Tages- oder Wochenvignetten geben. Nach Informationen der »Stuttgarter Nachrichten« wären bei etwa 45 Millionen potenziellen Nutzern allein aus Deutschland Einnahmen von mehr als drei Milliarden Euro zu erzielen. Leichte Lastwagen, Busse und ausländische Nutzer sollen weitere 500 Millionen Euro Einnahmen pro Jahr bringen.
Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) forderte, in einer großen Koalition das Autobahnnetz zu verkaufen, um die Haushalte zu sanieren. Der »Bild am Sonntag« sagte er: »Die Einnahmen würden uns einerseits endlich wieder Investitionen im öffentlichen Bereich ermöglichen. Andererseits können wir dadurch die Haushalte von Bund und Ländern konsolidieren.« Stolpe widersprach Clement: »Dies ist nichts anderes als eine Pkw-Maut durch die Hintertür.«
Doch auch der CSU-Chef Edmund Stoiber sprach sich in der »Süddeutschen Zeitung« dafür aus, Infrastrukturprojekte privat zu finanzieren. Dazu sei auch die SPD bereit. »Bild am Sonntag« und die »Augsburger Allgemeine« berichteten, die Privatisierung sei bereits Thema bei den Sondierungsgesprächen gewesen. Allerdings hatte Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel vor der Wahl eine Maut auf Autobahnen ausgeschlossen.
Die Einnahmen des Bundes aus der Lkw-Maut sind im September weiter gestiegen. »Mit 257 Millionen Euro haben wir im September die bislang höchsten Mauteinnahmen erzielt. Gegenüber dem Vormonat sind sie um 18 Millionen Euro gestiegen«, sagte Stolpe der Tageszeitung »Die Welt«. Derzeit beträgt die Maut-Höhe für Laster ab zwölf Tonnen durchschnittlich 12,4 Cent pro Kilometer.

Artikel vom 10.10.2005