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Lotto-Vater kommt aus Höxter

Der 79 Jahre alte Lothar Lammers hatte vor 50 Jahren einen geniale Idee

Höxter (WB/lnw). Mit einem Lächeln schaut Lothar Lammers über den Golf von St. Tropez. 50 Jahre nach einem genialen Einfall genießt der 79-Jährige aus Höxter in dem malerischen Lagunendörfchen Port Grimaud in Südfrankreich die Sonnenseiten des Lebens.
Lothar Lammers, der Erfinder des modernen Lotto, erhielt zahlreiche Ehrungen.

Der Höxteraner hat zusammen mit dem Rechenkünstler Peter Weiand aus Köln das Lottospiel 6 aus 49 erfunden - das am Sonntag Jubiläum feiert. Doch bis sich die beiden seinerzeit damit durchsetzten, hatten sie viele Klinken putzen müssen.
Monatelang boten die beiden in den 50er Jahren die Formel für das moderne Lottospiel ihren Chefs bei der Westdeutschen Fußball-Toto GmbH in Köln an, die damals den Glücksspielmarkt beherrschte. Vergeblich. Schließlich kündigten die System-Wetten-Tüftler und machten aus ihrer Idee das mit Abstand erfolgreichste Glücksspiel der Welt. Weiand, langjähriger Präsident des 1. FC Köln, starb vor zehn Jahren. Lammers jedoch ist das Glück treu geblieben. Nur der Rücken macht ihm »etwas Probleme«.
1947 war Lammers mit 21 Jahren aus US-Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt. »Um in Köln studieren zu können, jobbte ich beim noch sehr jungen, aber mit 1,5 Milliarden Mark Gesamtumsatz schon blühenden Fußballtoto als eine von tausenden von Hilfskräften in der Wettscheinauswertung«, erzählt er. Dort freundete er sich mit dem gleichaltrigen Weiand an, der als freier Mitarbeiter bei der Fußballtoto-Zeitschrift »Tipp mit« arbeitete.
Rasch begriffen beide, dass mit einem möglichst simplen Glücksspiel noch viel mehr Geld zu machen ist. Vor allem durfte es keine Fußball- oder anderen Spezialkenntnisse voraussetzen: »Denken Sie nur an die Millionen Frauen und nicht Sportinteressierten, die vom Toto praktisch ausgeschlossen waren - eindeutig die Bevölkerungsmehrheit«, erläutert Lammers.
Gehör fanden sie beim Bankenkonsortium der öffentlich-rechtlichen Landesbanken, das damals die vom Fußballtoto fast verdrängte Nordwestdeutsche Klassenlotterie betrieb. »Wir bauten ein völlig neues Unternehmen auf«, berichtet Lammers. Und schnell sprach sich herum, dass die Lotto-Gewinne bei kleinem Einsatz auch in den unteren Klassen breit gestreut waren. Trotzdem konnten in den oberen Gewinnklassen sehr hohe Gewinne ausgeschüttet werden. Heute werden laut Lammers in diesem Bereich in Deutschland 8,26 Milliarden Euro und weltweit 120 Milliarden Dollar (99 Milliarden Euro) realisiert.
Nur zwei Jahre - von 1955 bis 1957 - arbeiteten Fußballtoto und Zahlenlotto gegeneinander. »In dieser kurzen Zeit verdorrte das Totogeschäft praktisch«, beschreibt der heute amtierende nordrhein-westfälische Lotto-Chef Winfried Wortmann die Entwicklung. »Das Toto-Geschäft war praktisch kaputt.« Dann übertrug die Düsseldorfer Landesregierung den Totobetrieb auf Lotto. Weiand und Lammers wurden zu Geschäftsführern auch der Westdeutschen Toto GmbH bestellt. 17 Jahre später gründeten Lammers und Weiand auch die Deutsche Spielbanken-Gesellschaft, unter deren Dach heute vier Casinos arbeiten. Bis zur Rente Mitte der achtziger Jahre blieb Lammers Chef der Westdeutschen Lotteriegesellschaft Köln/Münster mit Sitz in Münster und machte die Formel 6 aus 49 weltberühmt.
In Frankreich, das 1975 das Lottospiel einführte, gilt er heute noch als »Pere du Loto« (Vater des Lotto). 1988 verlieh ihm der damalige Staatspräsident Francois Mitterrand den Verdienstorden (L'Ordre National du Merite). Und in diesem Jahr wurde Lammers gar in der Hall of Fame in Las Vegas verewigt.

Artikel vom 08.10.2005