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Breite Risse in Ostwestfalen

Uni Paderborn: Mit Erosion steigt Hochwassergefahr

Von Dietmar Kemper
Schlangen (WB). Ostwestfalen-Lippe verliert Boden. Wissenschaftler der Universität Paderborn haben »unerwartet hohe Erosionsraten« festgestellt.

»Bei Bodenerosion denken viele Menschen nur an Afrika, aber auch in Ostwestfalen-Lippe geht jedes Jahr eine Menge wertvoller Boden verloren«, sagt Henning Schwarze. Er ist Geschäftsführer der Firma für Umweltmanagement »World Habitat Society« mit Sitz in Schlangen (Kreis Lippe). Dabei handelt es sich um eine Firmenausgründung der Universität Paderborn mit dem Ziel, umweltschonende Techniken nicht zuletzt für die Bewirtschaftung der Äcker zu entwickeln.
Schwarze ist Geograph und arbeitet eng mit seinem Geschäftsführer-Kollegen Hans-Karl Barth zusammen. Der inzwischen emeritierte Professor war federführend an den Messungen der Physischen Geographie der Universität Paderborn im Bereich der Paderborner Hochfläche beteiligt. Bei den Untersuchungen seit 1988 zeigte sich ein nachhaltiger Verlust von Boden.
Schwarze fasst zusammen: »An ackerbaulich genutzten Hanglagen unterschiedlicher Neigung wurden Abtragungsraten zwischen 15 und 50 Tonnen pro Hektar und Jahr gemessen.« In einer Phase mit starkem Regen von 80 Litern binnen eines Tages seien an einem Flachhang 125 Tonnen Boden pro Hektar weggespült worden.
Solche Werte stuft Schwarze als »katastrophal« ein. Zum einen sei der Bodenverlust endgültig, zum anderen verringere er den Ertrag der Landwirte und verändere zudem den Wasserhaushalt. Schwarze: »So verlieren die Landflächen zunehmend ihre Funktion als Wasserspeicher.« Niederschläge gelangten verstärkt in die Vorfluter, insgesamt wachse die Gefahr von Hochwasser in den Tälern kleiner und größerer Flusssysteme, Siedlungen würden gefährdet.
Besonders betroffen von der Erosion sind die Hanglagen des Eggebirges und Teutoburger Waldes. Im Herbst und Winter, der feuchten Jahreszeit, verstärkt sich das Problem des Bodenverlustes. Regen und Wind tragen Teile der Oberfläche ab, breite Risse auf den Äckern bleiben als sichtbare »Wunden« zurück. Flurbereinigung, Einsatz von schweren Maschinen und Flussbegradigungen fördern die Erosion noch. Den Landwirten sei das Dilemma durchaus bewusst, weiß Schwarze. Sie hätten ein Interesse an bodenschonender Bewirtschaftung, müssten aber für einen möglichst hohen Ertrag ihre teuren Maschinen optimal auslasten. Um den Hochwasserschutz zu verbessern, empfehlen Schwarze und Barth, natürliche Uferzonen wieder herzustellen und Hänge aufzuforsten.

Artikel vom 12.10.2005