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Amokfahrer muss vor Gericht

Mit Porsche Fußgänger überfahren und eine Woche vor Polizei versteckt

Von Jens Heinze und
Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). Die Amokfahrt eines Porschefahrers (27) durch die Innenstadt wird Mitte Dezember ein Nachspiel vor dem Schöffengericht haben. Gegen Heiko F. hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben. Der so genannte Todesfahrer von Bielefeld hatte im Herbst 2004 einen Fußgänger (19) überfahren - neun Wochen später starb der junge Hillegosser in der Klinik.

Die Tat vom 30. Oktober vergangenen Jahres hatte in Bielefeld große Empörung ausgelöst. Heiko F. aus Minden, dem damals schon längst der Führerschein abgenommen worden war, hatte sich nach dem schweren Unfall an der Ecke Jöllenbecker-/Friedenstraße aus dem Staub gemacht. Nach knapp einer Woche Versteckspiel mit der Polizei stellte sich der 27-Jährige - mehrfach verurteilt wegen Trunkenheit am Steuer, Unfallflucht und Fahrens ohne Fahrerlaubnis - in Begleitung seines Anwaltes.
Anschließend durfte der einschlägig verbestrafte Mindener wieder nach Hause gehen, ohne sich bei der Polizei am Kesselbrink zur Tat vom 30. Oktober 2004 geäußert zu haben. Ein Haftbefehl gegen den Mann war von der Staatsanwaltschaft nicht beantragt worden.
Offenbar wusste der 27-Jährige ganz genau, warum er beim Verkehrskommissariat der Polizei keine Angaben gemacht hatte. Zeugenaussagen zufolge soll Heiko F. an jenem Oktobersamstag vergangenen Jahres nach durchzechter Diskonacht im neuen Bahnhofsviertel so betrunken gewesen sein, dass er noch nicht einmal in der Lage war, das Parkticket für seinen Sportwagen zu bezahlen. Das musste dann sein Beifahrer, ein per Haftbefehl gesuchter, wohnungsloser Albaner (25), erledigen.
Trotzdem setzte sich Heiko F., davon ist die Staatsanwaltschaft überzeugt, hinter das Steuer seines schwarzen Porsche Boxter. Mit dem Wagen, versichert über die Mutter, zugelassen auf einen Bekannten, ging es über die Jöllenbecker Straße stadteinwärts in Richtung Willy-Brandt-Platz. Nachdem, so wirft es die Anklage dem Mindener vor, er am frühen Morgen des 30. Oktober 2004 ein anderes Fahrzeug rechts überholt hatte und in Höhe Einmündung Friedenstraße mit überhöhtem Tempo unvermittelt auf die linke Spur gezogen war, kam es zum tragischen Unfall.
Das Opfer Oktay K. wollte dort mit seiner Freundin und einer Bekannten die Straße überqueren. Während sich die beiden jungen Frauen vor dem heranrasenden Porsche noch auf den Bürgersteig retten konnten, blieb der 19-jährige Auszubildende aus Hillegossen auf dem Mittelstreifen stehen. Heiko F. soll mit einem Schlenker auf den Fußgänger zugehalten haben: Oktay K. wurde aufgeladen und laut Polizeibericht etwa 40 Meter weit durch die Luft geschleudert.
Heiko F. und sein Beifahrer flüchteten vom Unfallort. Ihre Amokfahrt durch die Innenstadt endete schließlich auf einer Verkehrsinsel auf der Alfred-Bozi-Straße - nachdem der 27-Jährige seinen Porsche völlig schrottreif gefahren hatte, flüchtete er zu Fuß. Sein Beifahrer wurde dagegen von den Ordnungshütern festgenommen. - Unfallopfer Oktay K. erlag im Januar dieses Jahres auf der Intensivstation des Klinikums Mitte seinen lebensgefährlichen inneren Verletzungen.
Rechtsanwalt Dr. Lutz Klose, der die Angehörigen des Verstorbenen vertritt, bezeichnete es als »Skandal«, dass der einschlägig vorbestrafte Angeklagte bis heute als freier Mann herum laufe. Die Justiz habe längst wissen müssen, mit wem sie es zu tun habe. Klose: »Der 27-Jährige war erst fünf Wochen vor der Amokfahrt vom Amtsgericht Minden wegen Betruges verurteilt worden.«

Artikel vom 08.10.2005