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Land wird verklagt:
Behörden haben versagt

Überwachungspflicht im Fall des Anwalts Olaf O. verletzt

Von Wolfgang Wotke
Gütersloh (WB). Der Gütersloher Rechtsanwalt Dr. Peter Oberwetter will das Land Nordrhein-Westfalen und das Amtsgericht Halle auf Schadensersatz verklagen. Der Jurist wirft den Behörden mangelnde Überwachungspflicht im Fall des beschuldigten Berufsbetreuers Olaf O. vor.

Auch der Bielefelder Anwalt Jens Ullrich Kutzner, der einige geschädigte Ex-Betreute vertritt, kündigt hohe Schadensersatzansprüche an. Olaf O. aus Gütersloh, selbst Rechtsanwalt, soll als Berufsbetreuer Mandantengelder veruntreut und in betrügerischer Absicht die Konten von ihm anvertrauter Personen regelrecht geplündert haben. Der Schaden: mehr als 1,2 Millionen Euro.
Unterdessen ist Olaf O. am Freitag gegen Kaution aus seiner fast viermonatigen Untersuchungshaft entlassen worden. Er hatte vor wenigen Tagen ein umfassendes Geständnis abgelegt. Das hat der Bielefelder Oberstaatsanwalt Reinhard Baumgart bestätigt. Zur Höhe der Kaution schweigt Baumgart. Nach Informationen dieser Zeitung soll die Mutter von Olaf O. eine entsprechende Bürgschaft in Form einer Immobilie gegeben haben. Der Wert wird mit einer hohen sechsstellige Summe angegeben.
Oberwetter hat vor wenigen Wochen die Betreuung von Rudolf P. aus Gütersloh übernommen. P. war jahrelang Betreuter des Beschuldigten. Nach neuestem Ermittlungsstand der Polizei soll ihn O. um mehr als 120 000 Euro Bargeld betrogen haben. P. war im Februar 2004 untergetaucht. Er wurde als Zeuge zur Fahndung ausgeschrieben. Vor einigen Tagen tauchte er in Oerlinghausen bei der evangelischen Kirchengemeinde wieder auf und konnte vernommen werden. Oberwetter: »Er ist aus Angst vor O. verschwunden und hat auf Friedhöfen oder in öffentlichen Toiletten übernachtet und sich durchgeschlagen. Er lebte vom Betteln.« Rudolf P. ist jetzt in bester Obhut und wohnt in einem Altenheim.
»Bislang habe ich nur die Betreuung von Rudolf P. erhalten. Ich werde ihn aber als Anwalt beraten«, sagt Oberwetter, der nach Akteneinsicht gegen die Behörden vorgehen will. Auch die Ermittlungsbeamten hatten festgestellt, dass ein Versagen der Rechtspfleger und Vormundschaftsrichter vorliegt.

Artikel vom 08.10.2005