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Razzia setzt
Otto Schily
unter Druck

Der Fall »Cicero«

Berlin (dpa/Reuters). Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) gerät wegen der umstrittenen Durchsuchungsaktion gegen die Zeitschrift »Cicero« zunehmend unter Druck. Journalistenverbände, die CDU/CSU- Bundestagsfraktion und die Grünen verlangen eine lückenlose Aufklärung des Falls.
Otto Schily in Erklärungsnot.

Am kommenden Donnerstag muss sich Schily in einer nicht öffentlichen Sondersitzung des Bundestagsinnenausschusses den Fragen der Abgeordneten stellen.
Das von Schily verteidigte Vorgehen der Polizei sei »ein ernst zu nehmender Eingriff in die Pressefreiheit«, kritisierten die Unions- Innenexperten Hartmut Koschyk (CSU) und Reinhard Grindel (CDU) gestern. Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sprach von einem »Angriff auf das, was unser Land, unsere Demokratie stark macht«.
Auch die zur Gewerkschaft ver.di gehörende Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) verurteilte die Aktion: »Damit wird der Vertrauensschutz von Informanten gegenüber der Presse und zugleich der grundgesetzlich garantierte Schutz der Presse vor staatlicher Gängelung und Willkür zerstört.« Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, hatte den FDP-Antrag auf eine Sondersitzung des Innenausschusses ebenfalls unterstützt und von einem »unverhältnismäßigen« Vorgehen der Behörden gesprochen.
Ermittler der Staatsanwaltschaft Potsdam und des Landeskriminalamtes Brandenburg hatten am 12. September die Redaktionsräume des Magazins in Potsdam sowie das Haus des »Cicero«-Mitarbeiters Bruno Schirra in Berlin durchsucht. Auslöser war eine Anzeige des Bundeskriminalamtes (BKA) wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat nach einem Artikel Schirras, den »Cicero« im April veröffentlicht hatte.
Schirra berichtete darin über Verbindungen des Anführers der Extremistenorganisation Al-Kaida im Irak, Abu Mussab al-Sarkaui, zum Iran. Das Magazin »Cicero« kritisierte die Durchsuchungen mit Verweis auf die Pressefreiheit scharf und berichtete in einer Dokumentation über die Razzia, die Ermittler hätten hauptsächlich Akten mitgenommen, die mit dem Fall nichts zu tun hätten. Das gesuchte streng vertrauliche BKA-Dokument über Sarkaui dagegen hätten sie nicht gefunden.

Artikel vom 07.10.2005