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Die wahren Alltags-Heldinnen

»Mütter« von Frank Wittenbrink: Machtkämpfe im und am Sandkasten

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). »Männer - Tore, Tränen und Triumphe« und »Sekretärinnen« sind in allerbester Erinnerung, jetzt aber kommt »Mütter«, ein neuer Liederabend von Franz Wittenbrink. Diesmal hat sich Wittenbrink der wahren Heldinnen des Alltags angenommen.

»Mütter« hat am Samstag, 15. Oktober, 19.30 Uhr, in der Oetkerhalle Premiere und es gibt anschließend Vorstellungen bis in den Juni 2006 hinein. Denn die Inszenierung von Matthias Kniesbeck verspricht wiederum ein (Lach-)Erfolg zu werden.
Schauplatz ist diesmal ein Spielplatz, ein Ort, an dem die Gesetze des Dschungels herrschen mit Machtkämpfen innerhalb und außerhalb des Sandkastens. Dort treffen sich vier Mütter, deren (männlicher) Nachwuchs, eine Großmutter und eine Schwangere. Während die lieben Kleinen (gespielt von den - längst erwachsenen - Schauspielern Jörn-Udo Kortmann, Helmuth Westhausser, Thomas Winter und Sascha von Zambelly) sich die Förmchen wegreißen und mit der Schaufel auf den Kopf schlagen, wenn die Mütter nicht hinschauen, tauschen die Frauen sich aus. Und reiben sich aneinander. Da ist die perfekte Vorzeigemutter, die immer ein Pflaster oder ein Leberwurstbrot parat hat, da ist die probiotisch Ernährte und Ernährende mit Sinn für die besonderen Energieströme des Spielplatzes, die Laptop-bewaffnete Multi-Tasking-Mutter und die Hartz IV-erprobte Alleinerziehende. Die Schwangere, die Elfriede Jelinek zitiert und die Großmutter, die im Rockerdasein verhaftet geblieben ist, ergänzen das Sextett, gespielt von Frederike Haas, Cornelie Isenbürger, Monika Mayer, Bettina Meske, Carolin Soyka und Silvia Vicinelli.
Regisseur Kniesbeck will eine »Momentaufnahme« zeigen, kleine Geschichten aus dem Alltag erzählen. Musikalisch, denn »Mütter« kommt fast ohne das gesprochene Wort aus. Unter der musikalischen Leitung von William Ward Murta erzählen Lieder von Alexandra bis Steppenwolf von den Gefühlen und Gedanken der Frauen. Drei Dutzend Nummern werden geboten. »Auch Kitsch,« sagt Kniesbeck. Und ergänzt. »Ich habe ein Herz für Kitsch.«
Ein Unterschied zu all' den anderen »Mütter«-Inszenierungen, die landauf, landab gezeigt werden: Für Musik sorgen nicht nur Bass und Klavier - es gibt eine Band mit Orgel, Bass, Piano, Gitarre, Saxophon, Klarinette, Flöte.
Kniesbeck gefällt, dass sich bei allen Unterschieden, die die Frauentypen trennt, manchmal ein Stück Solidarität und Nachdenklichkeit ergibt. Und vielleicht sieht man sich ja wieder, auf dem Spielplatz. . .
Die Einführungsmatinee von »Mütter« findet am Sonntag, 9. Oktober, 11.15 Uhr im Theater am Alten Markt statt.

Artikel vom 08.10.2005