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In China braucht man Freunde

Scharping im Bankhaus Lampe über Management-Fehler im Reich der Mitte


Bielefeld (WB/in). Deutschen Managern mangelt es vielfach an der Fähigkeit, sich »in anderen Welten adäquat zu bewegen«. Dies gilt nach Ansicht von Rudolf Scharping insbesondere in Ländern, die wie die Volksrepublik China auf eine Jahrtausende alte Hochkultur zurückblicken. Der frühere SPD-Politiker, der nach eigenen Angaben jährlich sieben bis acht Mal nach China reist, kritiserte beim traditionellen »Herrenabend« im Bielefelder Bankhaus Lampe das eingeschränkte Bild, das man sich in Deutschland vom Reich der Mitte mache: »Hier kennt man China als Billiglohn-Land und potenziellen Absatzmarkt von 1,3 Millionen Verbrauchern.« Und die chinesischen Unternehmer stünden im Ruf, bei ihrem festen Willen, vom Westen zu lernen, gern direkt zu kopieren.
Um in China Gewinne zu erzielen, braucht es Scharping zufolge guter Ideen und sehr viel Geduld. Der Ex-Verteidigungsminister zeichnete ein dreistufiges Bild von deutsch-chinesischen Geschäftsbeziehungen. Auf der untersten Stufe sei der Investor oder Einkäufer nur ein »Konsument«, den man, ohne Ehre zu verlieren, betrügen und kopieren dürfe. Dies gelte nicht mehr die nächsten Stufen des »Partners« und des »Freundes«.
Scharping, dessen Vater in Bielefeld Möbel verkauft und als Tenor am Stadttheater mitgewirkt hat, sagte zum Stellenwert von Verbindungen (»Guanxi«): »Wer in China keinen Freund hat, der sollte wenigstens in Deutschland einen Freund haben, der in China einen Freund hat.«

Artikel vom 07.10.2005