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Gewalt in der
Pflege stoppen

Nur noch Fachkräfte beschäftigen

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) hat die Pflegekassen aufgefordert, ihre Kontrollen in der häuslichen Pflege zu verstärken. Grund ist der große Anteil von illegal beschäftigten Pflegekräften aus Osteuropa.
Gute Pflege hat ihren Preis: Angelika Gemkow.

Es sein ein Riesenskandal, dass die Pflegekassen dieses heikle Thema nicht anfassten, sagte der NRW-Landesbeauftragte des Bundesverbandes, Hans-Peter Knips, dieser Zeitung. Wenn Angehörige angäben, die Pflege selbst zu übernehmen, in Wirklichkeit aber eine billige unausgebildete Kraft schwarz beschäftigten, falle dies nicht auf. Die Kassen seien froh, im Monat lediglich 500 bis 600 Euro zahlen zu müssen.
Um in Zukunft katastrophale Pflegemängel durch unqualifiziertes Personal zu vermeiden, sollten die Kassen nur noch Fachkräfte in der häuslichen Pflege bezahlen. Knips: »Schließlich geht es hier um Menschenleben. In vielen Fällen schrecken die Illegalen vor Gewalt in der Pflege nicht zurück.«
Wie berichtet schätzt der bpa, dass in der häuslichen Pflege bereits 100 000 Schwarzarbeiter tätig sind. Allein in Nordrhein-Westfalen werde die Zahl der illegal Beschäftigten auf 15 000 geschätzt. Knips: »Jeden Tag werden es mehr. Das ist reiner Menschenhandel« Schwerpunkte seien Ostwestfalen-Lippe, der Niederrhein und das Siebengebirge.
Zum Beispiel habe ein ambulanter Dienst in Hennef (Rhein-Sieg-Kreis) aufgrund der Billig-Konkurrenz Mitarbeiter entlassen müssen. Als der Bürgermeister um Hilfe gebeten wurde, um die illegale Beschäftigung einzudämmen, habe dieser eingeräumt, dass auch seine Mutter von einer schwarz arbeitenden Polin gepflegt werde.
Für Angelika Gemkow, Ex-Abgeordnete der CDU im Düsseldorfer Landtag aus Bielefeld sowie Vorsitzende der ehemaligen Landtagskommission »Situation und Zukunft der Pflege in NRW« gibt es im Bereich der häuslichen Pflege bei der illegalen Beschäftigung eine großes Dunkelfeld. Die ehemalige Landesregierung habe hier keine konkreten Zahlen nennen können. Immer mehr Arbeitsnomaden würden nach Deutschland kommen. Je teurer die Pflege sei, desto größer werde der Schwarzmarkt, sagte Gemkow. Ferner müsse sich jeder darüber im klaren sein, dass eine qualitative Pflege auch ihren Preis habe.

Artikel vom 07.10.2005