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Ehemann erstochen - sechs Jahre Haft

28-jährige Paderbornerin bricht nach Urteilsverkündung in Tränen aus

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Alkoholexzesse, Streit und Gewalt prägten die Beziehung. Bis die 28-jährige Sandra F. es nicht länger ertrug und ihren 17 Jahre älteren Lebensgefährten umbrachte. Wegen Totschlags hat das Paderborner Schwurgericht die Täterin gestern zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Schulterlanges Haar, braune Augen - trotz ihrer 28 Lebensjahre wirkt Sandra F. noch mädchenhaft. Dabei hat sie, wie Verteidiger Andreas Carl es ausdrückt, »einen ungewöhnlich schwierigen Lebenslauf«. In sozial schwachen Verhältnissen mit zwölf Geschwistern aufgewachsen, bekam sie selbst vier Kinder von drei Vätern. Die Kinder nahm das Jugendamt ihr weg. Ihr erster Verlobter starb an Alkoholvergiftung, ihren letzten Lebenspartner tötete sie eigenhändig. Nach einem erneuten Streit stieß sie Thomas S. (44) in der gemeinsamen Wohnung in Paderborn ein Fleischermesser in den Rücken. Er verblutete im Hausflur.
Laut schreiend rannte Sandra F. danach zu ihren im selben Haus wohnenden Wohnenden Eltern: »Papa, Papa, Hilfe - ich habe meinen Alten abgestochen.«
Man habe von morgens bis abends getrunken - »oft waren es 30 Flaschen Bier am Tag« -, sich beschimpft, geprügelt und wieder vertragen, berichtet Sandra F. Sie sei von Thomas S. vergewaltigt und mit einer Rasierklinge verletzt worden. »Irgendwann musste es zur Eskalation kommen«, stellte Richter Bernd Emminghaus fest.
Auf die Frage, warum am Tatabend das Messer auf dem Wohnzimmertisch gelegen habe, antwortete die Angeklagte einem Polizeibeamten: »Weil ich ihm vorher schon gesagt habe, dass ich ihn absteche. Ich wusste ja nicht, dass er dann gleich stirbt«. Er habe es aber verdient.
Im Prozess bestritt Sandra F. jedwede Tötungsabsicht. Doch der Vorsitzende Richter war überzeugt: »Wer ein solches Messer benutzt, will töten.« Da sie zur Tatzeit 2,9 Promille Alkohol im Blut hatte, billigte das Gericht der Frau verminderte Schuldfähigkeit zu und ging zudem von einem minderschweren Fall aus. Erst bei der Urteilsverkündung brach Sandra F. in Tränen aus.

Artikel vom 06.10.2005