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Heimkino der alten Art

Große Papiertheater-Ausstellung auf Schloss Burg

Solingen (dpa). Bis zu 40 Zuschauer sitzen auf ihren Stühlen, bündeln ihre Blicke auf eine kleine Papierbox. Die ist nicht viel größer als zwei Schuhkartons, aber liebevoll gestaltet und Spielort für klassisches Theater im Miniformat: Papiertheater.

Das »1. Internationale Burger Papiertheater-Festival« zeigt bis zum 16. Oktober in Solingen auf Schloss Burg an der Wupper eine Palette von Aufführungen, historischen Ausstellungen und bietet eine Theaterwerkstatt an.
Kleists »Käthchen von Heilbronn«, »Der Freischütz« von Carl Maria von Weber oder Mozarts »Zauberflöte« - beim Papiertheater stehen meist große Klassiker auf dem Programm. Die Stücke dauern bis zu zwei Stunden. »Es wird zwar gekürzt, der Handlungsstrang muss aber beibehalten werden«, erklärt Peter Schauerte-Lüke, der in Solingen als Ein-Mann-Unternehmen selbst ein Papiertheater führt.
Die Charaktere sind, wie alles andere, bis ins kleinste Detail gestaltet, mit »Kostümen« versehen und sprechen mit jeweils eigener Stimme. Eine echte Herausforderung für den Akteur hinter der Bühne. »Ich habe mir eigens verschiedene Stimmlagen antrainiert«, erzählt Schauerte-Lüke. Bei einer Aufführung vereine er in seiner Person Schauspieler, Regisseur, Techniker und Bühnenbildner. Bis zu acht Charaktere sind in einer einzelnen Szene gleichzeitig zu sehen. Das erfordere nicht nur Stimmenvielfalt, sondern auch viel Geschick.
Anfang des 19. Jahrhunderts entstand das Papiertheater als eine Art »Heimkino«. Vor allem in den Familien des Bürgertums erfreute es sich schnell großer Beliebtheit. Mit der Erfindung des schnellen, kostengünstigen Druckverfahrens Lithographie konnten Vorlagen zum Ausschneiden erstellt werden. Für jedes in den Theatern beliebte Stück gab es eigene Bühnenbilder und Figuren. Zu Hause konnte es dann nachgebaut und -gespielt werden. Auch heute noch gibt es Papiertheatergruppen in Deutschland.

Artikel vom 08.10.2005