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Lob dem »Tanz
der Moleküle«

Chemie-Nobelpreis an drei Forscher

Stockholm (dpa). Für neue Wege zur Produktion von Plastik und Arzneien erhalten ein Franzose und zwei Amerikaner den Chemie-Nobelpreis 2005. Es sind Yves Chauvin, Robert Grubbs und Richard Schrock.
Der französische Forscher Yves Chauvin.
Auch Preisträger: US-Physiker Robert Grubbs.

Das von den dreien entwickelte Verfahren gehöre zu den wichtigsten der Chemie, erklärte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften gestern. Die »Metathese« benötige weniger Zeit und produziere weniger umweltschädlichen Abfälle - ein Schritt hin zur »Grünen Chemie«.
Für Chauvin, Ehrendirektor am französischen Institut für Erdölforschung, war der Preis ein vorzeitiges Geburtstagsgeschenk. Am Montag wird er 75 Jahre alt. Aber die späte Ehrung sei ihm »ausgesprochen peinlich«, sagte Chauvin. Zur Verleihung will er nicht nach Stockholm fahren. Heute bedeute ihm der Nobelpreis, den er ohne die spätere Arbeit der US-Forscher nicht bekommen hätte, nichts mehr. Anders als die meisten seiner Vorgänger in den USA hatte Schrock schon seinen ersten Kaffee getrunken, als der Anruf aus Stockholm kam. Sein Kollege Grubbs hält gerade Universitätsseminare im neuseeländischen Christchurch.
Das Nobelkomitee erklärte, Chauvin habe den Grundstein für das chemische Wechselspiel namens Metathese gelegt. Das nun ausgezeichnete Verfahren lässt sich als ein »Tanz der Moleküle« beschreiben, in dem die beteiligten Paare ihre Partner austauschen und damit zu neuen Verbindungen werden. Grubbs (63) vom California Institute of Technology (USA) und Schrock (60) am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (USA) entwickelten spezielle Reaktionsbeschleuniger (Katalysatoren) für Kohlenstoffverbindungen. Dank der Preisträger sei die Herstellung neuer Substanzen viel einfacher geworden, erläuterte das Nobelkomitee. Das Verfahren habe in relativ kurzer Zeit zu einer großen Vielfalt neuer Stoffe geführt: Dazu zählten Pflanzenschutzmittel, Treibstoffzusätze und Lockmittel für Insekten.
»Ich war überrascht, dass der Nobelpreis dafür so schnell kommt«, sagte Alois Fürstner, Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr, wo beide US-Nobelpreisträger auch gearbeitet haben. »Das zeigt, dass das Gebiet in den vergangenen Jahren explosionsartig an Bedeutung gewonnen hat.« Schrock und Grubbs hätten eine Art »Freund-Feind-Beziehung«: Sie stünden in Konkurrenz, seien aber so nah beieinander, dass sie zusammen arbeiten müssten. Mit Mitteln der Humboldt-Stiftung forschte Grubbs 1975 in Mühlheim, Schrock zwischen 1994 und 2004 wiederholt an der Technischen Universität München und ebenfalls in Mühlheim.

Artikel vom 06.10.2005