06.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

In einem Jahr 250 000
Tote nach Katastrophen

»Stan« überschwemmt Zentralamerika - New Orleans pleite

Mexiko-Stadt/New Orleans/Berlin (WB/dpa/Reuters). Naturkatastrophen und kein Ende. 250 000 Menschen seien allein im vergangenen Jahr bei Erdbeben, Hurrikans oder Tsunamis ums Leben gekommen, sagte gestern Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD).
New Orleans erstickt im Dreck: Bis zu 180 000 Häuser müssen abgerissen werden.

In Berlin stellte sie den Weltkatastrophenbericht 2005 vor. Überschwemmungen in Folge von Wirbelsturm »Stan« forderten währrenddessen in Mittelamerika die Leben Dutzender Menschen. Und Ray Nagin, Bürgermeister des vom Hurrikan »Katrina« ruinierten New Orleans, kündigte an, dass die Stadt 3000 und damit gut die Hälfte seiner Mitarbeiter entlassen müsse.
Von mindestens 65 Toten wurden gestern nach den extremen Regenfällen in Folge des Tropensturms »Stan« in Mittelamerika und Südmexiko berichtet. Zehntausende Menschen wurden aus gefährlichen Gebieten in Notunterkünfte gebracht. Besonders hart getroffen wurden El Salvador, wo allein 41 Menschen starben, und die mexikanischen Bundesstaaten Veracruz und Chiapas.
Gut fünf Wochen nach »Katrina« steht die verwüstete US-Südstaatenmetropole New Orleans auch vor dem finanziellen Ruin. Die Stadt war infolge des Wirbelsturms »Katrina« zu 80 Prozent überflutet und praktisch völlig evakuiert worden. Deswegen fließen auch keine Gelder aus Grund- und Verkaufssteuern mehr in das Stadtsäckel.
Die Suche nach Überlebenden und Leichen in New Orleans ist offiziell beendet. 22 Millionen Tonnen Schutt, Müll und abrissreife Häuser müssen nun beseitigt werden. Unter all den Unrat mischt sich ein Giftcocktail aus verrottenden Fleischvorräten, Chemikalien, Heizöl und mehr.
Experten haben berechnet. dass in New Orleans elf Mal so viel Schutt wie nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York beseitigt werden muss. Eine mit dem gesamten Unrat beladene Lkw-Kolonne würde rund um den Äquator reichen. Die Kosten werden auf bis zu zwei Milliarden Dollar beziffert. 140 000 bis 180 000 Häuser müssen abgerissen werden. Was die Trupps vor Ort erwartet, berichten Reporter der lokalen Tageszeitung »Times-Picayune«: von Schimmel befallene Wände, eine Luft, die einem den Atem verschlägt, und ein unvorstellbarer Verwesungsgeruch. Dazwischen noch 350 000 Schrott-Fahrzeuge.
Seit 1995 seien weltweit mehr als 900 000 Menschen durch Naturkatastrophen umgekommen, 97 Prozent in Entwicklungsländern, sagte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Aufgrund der steigenden Zahl von Naturkatastrophen fordete sie den Ausbau von Frühwarnsystemen. Auch müsse mehr Geld für Entwicklungshilfe aufgebracht werden, um Menschen in ärmeren Ländern besser zu schützen: »Wer nicht in bitterer Armut lebt, hat bessere Chancen, Katastrophen zu entfliehen.«

Artikel vom 06.10.2005