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Für Atheisten hat ein Schöpfer bekanntermaßen nie eine Rolle gespielt.

Leitartikel
Nichtwissen reicht nicht

Designer,
Schöpfer
oder Zufall?


Von Reinhard Brockmann
»Gott mag ursprünglich die Naturgesetze erlassen haben. Doch seitdem scheint er es dem Universum überlassen zu haben, sich zu entwickeln. Gott selbst mischt sich nicht mehr ein.«Ê
Stephen Hawking ist nicht nur laut Bild-Zeitung »der klügste Mensch der Welt«. Selbst das Genie lässt noch 50 Jahre nach Albert Einstein offen, ob die Entwicklung allen Lebens ein Zufallsprodukt mit jeweils besserem Ergebnis gewesen ist.
Im aktuellen Streit der Gen- und Biotechniker mit den Evolutionskritikern geht es um die Eingrenzung jenes Zeitpunktes, von dem an Gott sich definitiv nicht mehr einmischt.
Für Atheisten hat ein Schöpfer bekanntermaßen nie eine Rolle gespielt. Für andere ist lediglich klar, dass ein »Intelligenter Designer« zumindest in der Jetztzeit keinen Einfluss mehr auf die Fortpflanzung von Bienen- wie Menschenvölkern nimmt.
Allein Schriftdeuter unter den Zeugen Jehovas und andere besonders enge Bibelauslegungen hielten dagegen stets an der Schöpfung der Welt in sechs Tagen und der Tiere »jedes nach seiner Art« fest.
Die jüngste Diskussion leidet unter der in Teilen fundamentalistischen oder gar sektierierischen Vorbelastung des Themas.
Dabei wird die Debatte nur verständlich und seriös, wenn sie sich zum Beispiel auf die Argumente von Professor Siegfried Scherer einlässt. Aber selbst das soll offenbar nicht geschehen.
Eine schlichte Einladung an den evangelikalen Wissenschaftler zum »Erfurter Dialog« hat Ministerpräsident Dieter Althaus wütende Kritiken eingebracht. Für einen Kasseler Biologieprofessor und die FDP-Forschungspolitikerin Cornelia Pieper ist schon die schlichte Diskussion mit Evolutionskritikern eine »Katastrophe«. Althaus reagierte gottlob gelassen und verbat sich jegliche »Denkverbote«.
Auch wir können und wollen im Wissenschaftlerstreit nicht richten. Aber es ist schon bemerkenswert, dass gewaltige Erkenntnisgewinne einer - zumindest international in Fördergeldern und Drittmitteln nur so schwimmenden - Forschungsrichtung eine alte Lehrmeinung immer noch nicht bestätigen. Natürlich muss jede Wissenschaft ihre Hauptthesen im Lichte der neuesten Forschungsergebnisse überprüfen und gegebenenfalls auch korrigieren.
Aber im Streit zwischen Evolution und Design ist es noch längst nicht so weit. Professor Scherer sagt mit aller Vorsicht, wichtige Annahmen werden mit jeder Erkenntnis weniger wahrscheinlich.
Der evangelikale Forscher ist vermutlich aus einem ganz anderen Grund in den Blickpunkt eines nur liberal verkleideten wirklichen FundamentalismusÔ geraten. Er sagt nämlich: »Ja, auf diesem Planeten stammt jeder Mensch von Adam und Eva ab.«
Eine solche Aussage ist wissenschaftlich nicht zu belegen - genauso wenig wie ihr Gegenteil. Aber natürlich ist ein einfacher Glaubenssatz »unerhört« und sein Bekenner zum Abschuss frei.

Artikel vom 06.10.2005